USA: Der unterschätzte Erdnuss-Präsident ist 100

Politik

Jimmy Carter, der zwischen 1977 und 1981 im Weißen Haus das Sagen hatte, formulierte vor seinem runden Geburtstag einen Herzenswunsch.

Einen großen Wunsch formulierte der 39. Präsident der Vereinigten Staaten schon vor einiger Zeit: Er wolle durchhalten, um bei der heurigen Wahl seine Stimme Parteikollegin Kamala Harris zu geben. Nun, der gesundheitlich angeschlagene Jimmy Carter, der am 1. Oktober seinen 100. Geburtstag feiert, hat es fast geschafft. In seinem Heimatbundesstaat Georgia werden die Briefwahlunterlagen dieser Tage verschickt. 

Zu Jahresbeginn 2023 war bekannt geworden, dass die Ärzte dem Demokraten im Kampf gegen seine Krebserkrankung nicht mehr helfen konnten. Der 99-Jährige wurde in sein bescheidenes Zuhause in palliative Hospiz-Hilfe übergeben. Eine Welle der Anteilnahme rollte ins idyllische Plains, wo Carter am 1. Oktober 1924 geboren worden war.

via REUTERS/POOL

Schon gezeichnet vom Krebs: Jimmy Carter 2023

Mit ehrlicher Anteilnahme für Carter und seine seit 77 Jahren mit ihm verheiratet gewesene Gattin Rosalynn, die im November des Vorjahres im Alter von 96 Jahren starb, zollte das Land parteiübergreifend Respekt einem Mann, der in seinem Leben oft unterschätzt wurde.

Wie kam Amerika überhaupt zu ihm?

Nach dem Albtraum von Vietnam und Richard Nixons Machtwahn im Watergate-Skandal sucht die traumatisierte Nation nach Ehrlichkeit, Bescheidenheit, Bodenständigkeit an der Spitze. Und nach Integrität.

Kaum jemand verkörperte diese Qualitäten 1977 authentischer als der abseits des Washingtoner Klüngels groß gewordene Provinzpolitiker, der es in Georgia mit Charme und Fleiß zum Gouverneur brachte. Carter, Erdnussfarmer, Unterseebootfahrer und Nuklear-Ingenieur mit Abschluss an der renommierten Militär-Akademie in Annapolis/Maryland, bezwang den Republikaner Gerald Ford.

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APA/AFP/WHITE HOUSE/KARL SCHUMACHER

Zwischen 1977 und 1981 war Carter Chef im Weißen Haus

Aber schon kurz danach ging es mit seiner Präsidentschaft bergab. Zu zaudernd, zu pedantisch und am Ende auch zu glücklos agierte der in eigenen Reihen oft als Hinterwäldler belächelte Demokrat, der seine erste Fernseh-Ansprache an die Nation in einer Strickjacke hielt.

Dass er 1979 auf dem Höhepunkt der Wirtschafts-Malaise mit hohen Öl-Preisen und galoppierender Inflation etwas sehr Unamerikanisches tat und seinem auf Überfluss trainierten Volk Verzicht predigte, ist unvergessen: „In einer Nation, die stolz war auf harte Arbeit, starke Familien, eng zusammenhaltende Gemeinschaften und den Glauben an Gott“, sagte Carter, „neigen nun zu viele von uns dazu, Genusssucht und Konsum anzubeten.“

EPA/ERIK S. LESSER

Eine Legende schon zu Lebzeiten

Zu innenpolitischen Pleiten kamen außenpolitische Nadelstiche, die das Bild des Versagers zementierten. Die Sowjetunion marschierte in Afghanistan ein. Und der Iran nahm die US-Botschaft in Teheran in Geiselhaft. Eine Befreiungsaktion misslang kläglich. Erst unter Nachfolger Ronald Reagan wurde die Krise gelöst. Nach 444 Tagen der Demütigung. Entschieden zu lange, um Carters Pluspunkte jedenfalls damals ausreichend zu würdigen.

Er war es, der die Beziehungen zu China normalisierte und nie amerikanische Soldaten in einen Krieg schickte, mit der Sowjetunion aber einen großen Abrüstungsvertrag unterzeichnete. Er war es, der 1978 auf dem US-Präsidentenlandsitz Camp David den historischen Friedensschluss zwischen Israel (Premier Menachem Begin) und Ägypten (Präsident Anwar El Sadat) im wahrsten Sinne des Wortes herbeibetete.

REUTERS/HANDOUT

Carter vermittelte 1978 Frieden zwischen Israels Premier Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar El Sadat  (li.)

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Auch darum wurde der tief gläubige Sohn eines Kaufmanns und einer Krankenschwester, der später den Einsatz …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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