
Mit Karoline Edtstadler als Salzburger ÖVP-Landeshauptfrau und Leonore Gewessler als grüne Parteichefin erhalten dieser Tage gleich zwei Frauen Schlüsselpositionen in der heimischen Politik.
Eigentlich der ideale Anlass, um eine ebenso naheliegende wie schwer zu beantwortende Frage zu stellen: Machen Frauen andere Politik als ihre männlichen Kollegen? Ziehen mit ihnen in Führungspositionen ein anderer Stil und andere inhaltliche Schwerpunkte in den Polit-Betrieb ein?
Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle ist skeptisch, ob es sinnvoll ist, sich auf solche Überlegungen einzulassen. Schließlich seien die Unterschiede zwischen den einzelnen politischen Akteurinnen oft deutlich größer als jene zwischen männlichen und weiblichen Politikern.
Die geschlechtsspezifischen Differenzen verortet sie vielmehr auf einer anderen Ebene: Immer noch etwa müssten Frauen wesentlich mehr leisten, um sich parteiintern durchzusetzen, ist die Politologin überzeugt.
Nicht nur das: Sie würden sich auch schwerer tun, die Wähler zu überzeugen. So sei beispielsweise der Anteil von Bürgermeisterinnen in Niederösterreich wohl deshalb so hoch, weil es dort noch keine Direktwahl des Gemeindechefs gebe.
Beispiel FPÖ
Sogar den Frauen selbst ist es offenbar nur bedingt ein Anliegen, von weiblichen Politikern vertreten zu werden. Das zeigt besonders deutlich das Beispiel der FPÖ. Lange war sie unter den weiblichen Wählern klar unbeliebter. Spätestens seit der Nationalratswahl 2024 ist dieser blaue „Gender Gap“ allerdings Geschichte. Fast genauso viele Frauen (28 Prozent) wie Männer (30 Prozent) wählten die Freiheitlichen. In beiden Gruppen war sie somit die Nummer eins.
Dabei verfügt die FPÖ auf Mandatarsebene über den geringsten Frauenanteil: Nur 22,8 Prozent der FPÖ-Nationalratsabgeordneten sind Frauen, bei den Grünen sind es 56,3 Prozent. Über alle Fraktionen hinweg liegt der Frauenanteil übrigens bei 36 Prozent – deutlich weniger als vor fünf Jahren, was wiederum mit den Zuwächsen der FPÖ zu tun hat.
„Offensichtlich sind den Wählerinnen die Inhalte wesentlich wichtiger als die Frage, wer auf der Liste steht“, analysiert Katrin Praprotnik, Politologin an der Universität Graz.
Massive Attacken
Klar belegen ließe sich laut der Expertin, dass Politikerinnen im öffentlichen Diskurs wesentlich schärfer attackiert würden als ihre männlichen Berufskollegen: „Gerade in den sozialen Medien sind sie stärker Hasspostings und sexistischen Angriffen ausgesetzt. Das zeigen Untersuchungen aus Österreich wie aus Deutschland.“ Häufig ernten Politikerinnen zudem gehässige Kommentare, die sich rein auf Äußerlichkeiten beziehen.
Typisch, so Stainer-Hämmerle, sei auch, dass im Zusammenhang mit der familiären Situation völlig unterschiedliche Maßstäbe in der Öffentlichkeit angelegt würden. So könne es schon vorkommen, dass eine Frau mit mehreren Kindern, die sich für eine Polit-Karriere entscheide, als „Rabenmutter“ verunglimpft werde, während dies bei einem Mann in einer vergleichbaren Situation kein Thema sei, so die Politologin.
Wenig Selbstbewusstsein
Noch in einem anderen Bereich ortet Praprotnik geschlechtsspezifische Unterschiede: im politischen Selbstbewusstsein. So würden sich Frauen in einschlägigen Umfragen selbst als politisch weniger kompetent bezeichnen als Männer.
Umso wichtiger sei es, dass es deutlich mehr Frauen in politischen Führungspositionen gebe – allein schon um jungen Frauen zu signalisieren, dass auch für sie eine Polit-Karriere ein erreichbares Ziel ist.
Source:: Kurier.at – Politik