
„Wir müssen ein vollständiges Verbot des Besitzes, des Verkaufs und der Einfuhr aller automatischen und halbautomatischen Waffen erreichen“, forderte 1996 der australische Premierminister John Howard kurz nach dem blutigsten Amoklauf in der Geschichte seines Landes – dem Port-Arthur-Massaker, das 35 Menschenleben gefordert hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Welt noch die Bilder vom Dunblane-Massaker vom 13. März in Schottland vor Augen, als ein Mann 16 Kinder und einen Lehrer getötet hatte.
650.000 Waffen abgegeben
Politik und Gesellschaft schienen sich einig zu sein: Es braucht strengere Vorschriften. In einem sogenannten „Gun-Buyback“-Programm gaben die Australier 650.000 Waffen ab. Seither müssen Australier, die eine Schusswaffe besitzen wollen, eine Lizenz beantragen, einen triftigen Grund wie Jagd oder Sportschießen nachweisen (Selbstverteidigung zählt nicht), eine 28-tägige Wartefrist einhalten und eine Sicherheitsprüfung bestehen. Jede Waffe wird registriert, muss sicher gelagert werden und unterliegt strengen Kontrollen.
Zahl der Waffen gestiegen
Die Zahl der jährlichen Schusswaffentoten ging zurück (der Großteil waren und sind Suizide). Die Zahl der Waffen im Besitz nicht: Im Jahr 2024 befanden sich mehr als vier Millionen Schusswaffen im Besitz von Zivilisten, was einer Steigerung von 25 Prozent gegenüber den 3,2 Millionen Schusswaffen vor dem Port-Arthur-Massaker entspricht, schreibt die Denkfabrik „The Australia Institute“.
Doch auch die Gesetzesverschärfung konnte das Risiko eines Amoklaufs in Bildungseinrichtungen nicht völlig ausmerzen: 2002 erschoss ein Student zwei Menschen auf einer Universität in Melbourne, 2012 nahm ein Bub einen Revolver in die Schule mit und feuere einen Schuss ab.
Anstieg an Messerdelikten
Auch das Vereinigte Königreich verhängte nach dem Schul-Massaker von Dunblane strenge Maßnahmen: Der Besitz vieler Handfeuerwaffen wurde verboten, darunter halbautomatische Waffen. Besitzer von Schrotflinten mussten diese registrieren. 162.000 Waffen und 700 Tonnen Munition wurden abgegeben. Bis auf einen kurzen Anstieg an Schusswaffentoten blieb die Anzahl der Morde im Verhältnis gleich.
Allerdings ist seit Mitte der 90er-Jahre ein Anstieg an Messerdelikten an britischen Schulen erkennbar: Eine im Februar veröffentlichte Studie des Youth Endowment Fund zeigt, dass einer von 20 Jugendlichen in England und Wales angibt, im vergangenen Jahr eine Waffe benutzt zu haben, um jemanden zu bedrohen oder zu verletzen.
Auch in Schottland stieg die Anzahl der Messerangriffe und Waffenfunde an Schulen stark an. Zwischen 2020 und 2024 gab es 293 Fälle, in denen ein Messer oder anderes offensives Objekt in schottischen Schulen eingesetzt wurde – ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zu den drei Jahren davor.
Schulpsychologen im Burnout
Die Politik versucht, dieses Problems mit einem „umfassenden, interdisziplinären Ansatz“ Herr zu werden: Von Gesetzen über Polizeiarbeit, psychologischen Präventionsmaßnahmen bis hin zu strengeren Kontrollen. Ein Problem stellt dabei der Mangel an Schulpsychologen dar: Von 327 befragten Schulpsychologen beklagten in einer aktuellen Umfrage 72 Prozent „mittleres bis hohes Burnout“.
Verschärfungen in Deutschland
Nach den Amokläufen von Erfurt (2002, 16 Tote) und Winnenden (2009, 15 Tote) verschärfte Deutschland sein Waffenrecht deutlich. Nach Erfurt wurde das Mindestalter für Sportschützen auf 21 Jahre angehoben und psychologische Tests für unter 25-Jährige eingeführt. Auch die Aufbewahrungspflichten wurden verschärft. Nach Winnenden kamen unangemeldete Lagerungskontrollen hinzu, ebenso wie das nationale Waffenregister (ab 2013).
Pumpguns und bestimmte halbautomatische Waffen wurden verboten, der Zugang zu Munition begrenzt. Zudem wurde die schulische Prävention gestärkt: Schulpsychologen, Krisenpläne und …read more
Source:: Kurier.at – Politik