Wenn der Krankenstand zum Dauerzustand wird

Politik

Die Corona-Pandemie war der Game Changer: Während davor die Tage, die ein unselbstständig Beschäftigter pro Jahr im Schnitt im Krankenstand verbrachte, über eine Dekade bei 13 lag, kam es 2022 zu einem sprunghaften Anstieg von rund zwei Tagen. Im Vorjahr lag die Zahl nach einem leichten Minus von 0,3 nach dem Rekordjahr 2023 immer noch bei 15,1 Kalendertagen.

Das zeigen die aktuellen Daten des Fehlzeitenreports, den das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Auftrag des Dachverbands der Sozialversicherungsträger, der Arbeiter- und Wirtschaftskammer erstellt hat.

Warum so lange nach der Pandemie die Krankenstandszahlen so hoch sind, ist nicht restlos geklärt. Möglicherweise hat die Covid-Infektion bei vielen Menschen zu einer Schwächung des Immunsystems geführt, die auch jetzt noch anfälliger für diverse Infektionskrankheiten macht. Möglicherweise sei aber auch die Bereitschaft geringer geworden, etwa mit einer schweren Erkältung arbeiten zu gehen, sagt Rolf Gleißner, in der Wirtschaftskammer für Sozial- und Gesundheitspolitik zuständig.

Krankenstand: Wirtschaftliche Folgen

Er rechnet vor, dass selbst der vermeintlich kleine Sprung von 13 auf 15 gravierende wirtschaftliche Auswirkungen habe: „Jeder Krankenstandstag kostet den Betrieb mindestens 250 Euro. Drei zusätzliche Krankenstandstage entsprechen etwa einem Prozent des gesamten Arbeitsvolumens. Und ein Prozent mehr oder weniger Arbeitsvolumen kann über eine Rezession oder ein leichtes Wachstum entscheiden.“

Oder anders ausgedrückt: Die durch krankheitsbedingte Ausfälle verursachten direkten und indirekten Kosten beliefen sich im Jahr 2024 auf rund 5,8 Milliarden Euro bzw. 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). „Insofern können wir uns ein Nichthandeln nicht leisten“, sagt Wifo-Vizedirektorin Christine Mayrhuber im Rahmen der Präsentation der Daten.

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Lange und teuer

Besonders kostenintensiv sind dabei die Fälle mit längerer Dauer, da sie neben der Entgeltfortzahlung oft auch Ersatz- und Überbrückungslösungen erforderlich machen.

Genau auf diesen Bereich legte die diesjährige Wifo-Untersuchung ihren Fokus. Dabei handelt es sich um Arbeitsunfähigkeit von mehr als 43 Tagen. Während im Jahr 1990 31,6 Prozent aller Krankenstandstage auf Langzeitkrankenstände entfielen, lag dieser Anteil im Jahr 2024 bereits bei 39,2 Prozent.

Fälle mit einer durchgehenden Abwesenheit von mindestens 40 Tagen machten dabei laut Studie 3,1 Prozent aller Krankenstandsfälle aus, verursachten jedoch rund 40 Prozent der gesamten Krankenstandstage.

Die Mehrzahl der Fehltage bei den Langzeit-Krankenständen lassen sich auf drei Diagnosen zurückführen: Verletzungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychische Störungen. Wobei Letztere in den vergangenen Jahren an Bedeutung zugenommen haben, so die Experten.

Je nach Altersgruppe gibt es aber Unterschiede: Bei den Unter-25-Jährigen dominieren Verletzungen und Vergiftungen. Bei den 25- bis 44-Jährigen sind es dann vor allem psychische Beschwerden und schließlich, bei den älteren Beschäftigten, Leiden des Bewegungsapparats sowie schwere chronische Erkrankungen wie Krebs.

Maßnahmen greifen nicht

Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien, sieht angesichts der Zahlen zum Langzeit-Krankenstand akuten Handlungsbedarf: „Die derzeit vorgesehenen Maßnahmen der Frühintervention, mit deren Hilfe Menschen möglichst rasch wieder ins

Erwerbsleben zurückkehren können, erreichen nur eine äußerst geringe Zahl an Personen“, kritisiert er. Insbesondere bei den Langzeitkrankenständen der 45- bis 64-Jährigen gebe es noch viel Spielraum, da 40 Prozent der Fälle, aber 60 Prozent der Tage auf diese Altersgruppe entfallen, so Panhölzl.

Er fordert den Ausbau der Gesundheitsvorsorge auf Basis eines Präventionsgesetzes. Nötig sei auch eine bessere Versorgung von chronischen Krankheiten durch spezielle Programme, also ein sogenanntes Disease Management, wie es …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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