45.000 Hafenarbeiter haben die Arbeit niedergelegt. Die Folgen – lange Lieferzeiten, Engpässe und höhere Preise – könnten auch uns treffen.
„Arbeiter statt Maschinen! Verteidigt unsere Jobs und Rechte! Keine Arbeit ohne fairen Vertrag!“
Bereits in den frühen Dienstagmorgenstunden, kurz nach null Uhr, liefen die Hafenarbeiter in der Werft von Philadelphia in orangefarbenen Warnwesten auf und ab, skandierten die Parolen gegen niedrige Löhne und drohende Automatisierung. Der örtliche Gewerkschaftsvorsitzende Boise Butler attackierte mit erhobener Stimme die Reedereien: „Sie haben während der Pandemie Milliarden verdient, indem sie hohe Preise verlangten. Jetzt wollen wir, dass sie das zurückzahlen.“
Die rund 45.000 Hafenarbeiter der Gewerkschaft International Longshoremen’s Association (ILA) an der amerikanischen Ostküste befinden sich in einem unbefristeten Streik, dem ersten seit 1977. Sollte dieser ein paar Wochen dauern, könnte das Folgen für globale Lieferketten, den einkaufsstarken „Black Friday“ Ende November, das Weihnachtsgeschäft – und den Bananenkonsum haben.
Worum geht es bei dem Streik?
Kurzum: Die Hafenarbeiter an der Ostküste verlangen genauso viel Lohn wie ihre Kollegen an der Westküste. In den Häfen von New York, New Jersey, Baltimore, Charleston oder Miami verdienen Arbeiter nach sechs Jahren mindestens 39 Dollar pro Stunde; an der Westküste sind es knapp 55 Dollar – 2027 soll der Stundenlohn dort sogar auf knapp 61 Dollar steigen. In die Verhandlungen starteten die Hafenarbeiter mit der Forderung einer 77 prozentige Gehaltserhöhung über sechs Jahre und ein vollständiges Automatisierungsverbot.
Die US Maritime Alliance, die die Häfen vertritt, ist der Forderung schlussendlich mit einer 50 prozentigen Lohnerhöhung über sechs Jahre begegnet sowie mit dem Versprechen, die Automatisierungsbeschränkungen aus dem alten Tarifvertrag beizubehalten.
Doch beide Seiten konnten sich nicht einigen, die Gespräche liegen seit Monaten auf Eis. In der Nacht auf Dienstag ist der Tarifvertrag ausgelaufen.
REUTERS/Shannon Stapleton
Mitglieder der Gewerkschaft International Longshoremen’s Association vor dem Maher Terminal in Elizabeth, New Jersey, 1. Oktober 2024.
Welche Waren sind von dem Streik betroffen?
Nahezu alle. Mehr als die Hälfte der US-Importe und etwa acht Prozent des weltweiten Containerhandels entfielen zuletzt auf die Häfen am Golf und die Ostküste der USA. Jede Art von Waren, von Spielsachen über Bekleidung, Autos und Elektrogeräte, werden hier umgeschlagen und weiter verschifft. Der Streik könnte für lange Wartezeiten sorgen, die etwa den Einkaufswahn um den „Black Friday“ Ende November und das Weihnachtsshopping betreffen könnten.
Auch der Import alltäglicher Lebensmittel dürfte leiden – die USA exportieren und importieren Getreide, Soja, Fleisch und Eier über die Ostküste. Ein Beispiel sind Bananen: Über die vom Streik betroffenen Häfen an der Ostküste gelangen laut der American Farm Bureau Federation jährlich 3,8 Millionen Tonnen Bananen in die USA, das sind 75 Prozent der gesamten nationalen Versorgung. Vor allem verderbliche Lebensmittel sind von dem Rückstau gefährdet.
Der NZZ zufolge könnten die Auswirkungen „gravierender“ sein als die Folgen des 2021 im Suezkanal eingeklemmten Frachtschiffs „Ever Given“, das für eine Woche die wichtigste Handelsroute von Europa nach Asien blockiert hatte.
Was bedeutet das für uns Konsumenten?
Viele Unternehmen haben sich in den vergangenen Wochen auf einen drohenden Streik vorbereitet, haben etwa ihre Importe gesteigert, um Engpässe zu vermeiden. Trotzdem sind diese neben …read more
Source:: Kurier.at – Politik