Wie wahrscheinlich ist ein Krieg zwischen Indien und Pakistan?

Politik
PAKISTAN-INDIA-KASHMIR-UNREST

Am späten Dienstagabend brandete weltweit Angst vor einem Atomkrieg auf. Unter dem Decknamen „Operation Sindoor“ griff Indiens Militär neun Ziele im Nachbarstaat Pakistan an. Es ist ein neuerlicher Ausbruch des jahrzehntelangen Konflikts zwischen den beiden Atommächten um die Kaschmir-Region am Fuße des Himalayas. 

Der KURIER klärt die wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum hat Indien Pakistan angegriffen?

Indiens Regierung begründet die Luftangriffe vom Dienstag mit dem schweren Terroranschlag vor zwei Wochen: Am 22. April erschossen islamistische Terroristen in der Stadt Pahalgam im von Indien kontrollierten Teil der umstrittenen Region Kaschmir 34 Menschen; der Großteil davon waren indische Touristen. 

Indien wirft Pakistan vor, seit Jahrzehnten Terrorgruppen in der Region zu unterstützen, darunter die Gruppe Laschka-e Taiba, die den Anschlag in Pahalgam für sich reklamierte. Die Luftangriffe sollen sich deshalb ausschließlich gegen Stellungen pakistanischer Terroristen gerichtet haben. 

Pakistans Regierung spricht dagegen von einem „offenkundigen Kriegsakt“, bei dem mindestens 26 Zivilisten getötet und 50 verletzt worden seien. Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht. Für die indische Version spricht, dass die pakistanische Terrororganisation Jaish-e-Mohammed am Mittwoch den Tod etlicher hochrangiger Mitglieder beklagte.

APA/AFP/SAJJAD QAYYUM

Eine zerstörte Moschee in der pakistanischen Stadt Muzafarabad.

Gibt es Anzeichen dafür, dass der pakistanische Staat Terroristen unterstützt? 

Westliche Geheimdienste stützen diesen Vorwurf Indiens seit Jahren. Indien-Experte Christian Wagner von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht das im KURIER-Gespräch ebenso: „Es gab in der Aufarbeitung einiger großer Anschläge in der Vergangenheit Hinweise darauf, dass die Terroristen im Austausch mit dem pakistanischen Geheimdienst standen.“

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Wie reagiert Pakistan auf den indischen Angriff? 

Das ist die entscheidende Frage. Am Mittwoch berief Premier Shehbaz Sharif das Sicherheitskabinett ein, anschließend drohte er: „Pakistans Streitkräfte behalten sich das Recht vor, in Selbstverteidigung zu reagieren.“

EPA/PAKISTAN PRESS INFORMATION DEPARTMENT HANDOUT

Am Mittwoch rief Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif (Mitte) das Sicherheitskabinett ein, anschließend kündigte er eine militärische Reaktion seines Staates an.

Viel hängt davon ab, wie diese Reaktion aussieht. „Pakistan kann nicht mit Angriffen auf terroristische Infrastruktur in Indien antworten, denn die gibt es nicht“, meint Experte Wagner. „Also müsste man militärische Ziele angreifen – womit eine weitere Eskalationsstufe erreicht wäre.“ 

Indien könnte sich erneut zum Gegenschlag gezwungen sehen, diesmal auf pakistanische Militärstellungen, so der Experte: „Die Gefahr einer Eskalationsspirale besteht.“

Besteht die Gefahr eines Atomkriegs?

Nein, ein Einsatz von Atomwaffen bleibt äußerst unwahrscheinlich. Zu einer militärischen Auseinandersetzung in Kaschmir könnte es trotzdem kommen, wie bereits zweimal seit dem Jahr 1998, als die beiden Staaten Atomsprengköpfe entwickelten (1999 und 2019). 

Das zeige laut Wagner, „dass Atomwaffen nicht unbedingt diese abschreckende Wirkung haben, sondern es eine Möglichkeit gibt, trotzdem Kampfhandlungen auf niedrigerer Stufe durchzuführen.“

Welche der beiden Seiten ist militärisch überlegen?

Indien ist klar überlegen, verfügt mit etwa 1,5 Millionen Soldaten über dreimal so viele wie Pakistan, zudem über viel modernes Kriegsgerät. Dazu ist Indien wirtschaftlich stärker und deutlich stabiler.

In Pakistan kommt es häufig zu Anschlägen, etwa von Taliban-Anhängern im Grenzgebiet zu Afghanistan oder von Unabhängigkeitskämpfern in der südwestlichen Provinz Belutschistan. Wagner sagt deshalb: „Pakistans Regierung ist auch innenpolitisch in einer Situation, in der ein militärischer Konflikt mit Indien eigentlich nicht in ihrem Interesse liegen kann.“

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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