Die WKStA erklärt auf 35 Seiten, warum Schmid den Status erhielt. Dabei spielt auch Van der Bellen eine Rolle. Die Entscheidung ist aber nicht unumstritten und dürfte Folgen für künftige Verfahren haben.
Am Donnerstag Vormittag verkündete die WKStA via Aussendung, dass Thomas Schmid im Casag-Verfahrenskomplex der Kronzeugenstatus zuerkannt wird, mittlerweile liegt die 35-seitige Begründung im Akt – und auch dem KURIER vor.
Ein Detail springt ins Auge: Im Zuge einer umfangreichen Erklärung, wie bedeutsam das Geständnis des Ex-Finanz-Generalsekretärs und Ex-ÖBAG-Chefs sei, verweist die Ermittlungsbehörde auf niemand Geringeren als auf das Staatsoberhaupt.
Alexander Van der Bellen hat kurz nach der Veröffentlichung der wesentlichen Erkenntnisse aus den Vernehmungen Schmids (im Oktober 2022) in einer Ansprache gesagt: „Das, was in den letzten Tagen zum Korruptionsthema wieder öffentlich wurde, ist kein kleiner Wasserfleck! Es ist ein massiver Schaden, der an die Substanz der Demokratie geht.“ Van der Bellen forderte deshalb eine „Generalsanierung“.
Dass die Enthüllungen des ÖVP-Insiders sogar den Bundespräsidenten erschüttert haben, nutzt die WKStA also als Qualitätsmerkmal für ihren Kronzeugen.
Sittenbild
Schmid, der in mehreren Verfahren im Casag-Komplex selbst beschuldigt ist, kann nun darauf hoffen, mit einer Diversion davonzukommen. In den anstehenden Prozessen dürfte er nicht auf der Anklagebank, sondern im Zeugenstand sitzen.
Bei den Verteidigern der Beschuldigten sorgt das für wenig Freude – was auf der Hand liegt. Aber auch in Fachkreisen ist die Entscheidung nicht unumstritten.
So sagt Georg Krakow, Ex-Staatsanwalt und Ex-Vorstand bei Transparency International, es habe „sicher gewichtige Argumente dagegen“ gegeben. Dass sich die berufenen Behörden nun dafür entschieden haben, sei aber zu akzeptieren.
Angesichts des Van-der-Bellen-Zitats gibt er zu bedenken: „Bei einem Kronzeugen kommt es nicht darauf an, dass er ein Sittenbild zeichnet, sondern ob er konkrete, wesentliche Beiträge zu einer vollständigen Aufklärung von Straftaten leistet.“ Ein Kronzeuge könne ordentliche, genaue und sorgfältige Ermittlungen nie ersetzen, betont Krakow. Er sei eine „zusätzliche Quelle, aber nie die einzige“.
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Ein Beispiel: Dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz den Auftrag für das sogenannte „Beinschab-Tool“, mit dem frisierte Umfragen und Inserate im Boulevard finanziert wurden, gegeben haben soll, behauptet bis dato nur Schmid.
Krakow plädiert außerdem dafür, dass die Kronzeugenregelung „restriktiv“ eingesetzt werden sollte. Konzipiert wurde sie für Mitläufer.
Strafrechtsprofessor Robert Kert von der Wirtschaftsuni Wien sagt dazu: „Schmid ist eine zentrale Figur, und dass ein Haupttäter straffrei wird, ist umstritten.“ Er hält die Vorgehensweise der WKStA aber jedenfalls für „rechtlich vertretbar“.
Die Justiz habe es sich nicht leicht gemacht, wie auch die Dauer der Prüfung zeige: Schmid hat im Sommer 2022 sein Geständnis abgelegt, die WKStA hat bis März 2024 geprüft. Die Fachaufsicht brütete dann noch monatelang über der Entscheidung, bevor sie grünes Licht gab. Auch, so glaubt Kert, weil die Folgen für künftige Verfahren mitbedacht werden mussten: „Der Anwendungsbereich wurde jetzt deutlich erweitert gegenüber dem, was bisher Usus war.“
Unikat
Die WKStA erklärt auf ihren 35 Seiten ausführlich, warum sie Schmid den Status, der ihn (mit Vorbehalt, siehe Faktenbox) vor einer Strafverfolgung schützt, zuerkennt. Aufgelistet werden sieben Fakten, die Schmid neu offenbart haben soll, zudem habe Schmid zu mehreren bereits anhängigen Ermittlungsverfahren sein Insider-Wissen geliefert. Viele seiner Aussagen würden sich mit Chats, die …read more
Source:: Kurier.at – Politik