Zwischen Terror und Wohlfahrt: Hisbollahs doppeltes Gesicht im Libanon

Politik

Gegründet, um gegen Israel zu kämpfen, ist die Hisbollah in den vergangenen vierzig Jahren zu einer einflussreichen Partei im Libanon gewachsen – ihr Ziel hat sie dabei nicht aus den Augen verloren.

Hassan Nasrallah wirkt unruhiger als sonst, als er am 19. September vor die Kamera tritt. Zwei Tage zuvor explodierten Tausende Pager, am Vortag Hunderte Funkgeräte der Hisbollah, töteten und verletzten viele Kämpfer der schiitischen Terrormiliz. „Wichtig ist, dass dieser schwere Schlag uns nicht zu Fall bringt, und wir werden noch standhafter, entschlossener und fähiger werden, um alle Gefahren zu überwinden“, sagt Nasrallah, während israelische Kampfjets über Beirut fliegen.

In den Tagen nach seiner Rede gelingt es Israel, zahlreiche Hisbollah-Kommandanten zu töten – darunter Ibrahim Akil, einen Hisbollah-Mann der ersten Stunde. Und von der ersten Stunde an ist es das Ziel der Hisbollah, Israel zu vernichten.

Blutiger Bürgerkrieg

1975. Es brodelt in der „Schweiz des Nahen Ostens“. Während unter dem christlichen Präsidenten Suleiman Franjieh Korruption und Vetternwirtschaft herrschen, wird die palästinensische PLO immer stärker, unternimmt vom Libanon aus Überfälle auf israelisches Staatsgebiet. Als Palästinenser die Leibwächter eines hohen christlichen Politikers angreifen, attackieren christliche Milizen am 13. April 1975 einen Bus mit palästinensischen Flüchtlingen, töten alle 27 Insassen. Und zünden damit ein Pulverfass.

Im Laufe der nächsten fünfzehn Jahre bricht die Gesellschaft des religiös – und damit auch politisch – zersplitterten Staates auseinander. Doch kämpfen nicht notwendigerweise Christen gegen Muslime oder Schiiten gegen Sunniten. Die Lage ist verworren. Der Schiit Akil schließt sich in jungen Jahren zunächst der schiitischen Amal-Bewegung an. Lange spielten die Schiiten eine untergeordnete Rolle in der libanesischen Politik, die Gründung der Amal („Hoffnung“) sollte das ändern. 

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Mit der Machtergreifung der Mullahs im Iran 1979 und dem Einmarsch der Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) in den Libanon bekommt Amal jedoch bald Konkurrenz: Die Hisbollah wird Anfang der 80er gegründet – und massiv vom Iran finanziert.

Anschläge

Rasch erwerben sich die schiitischen Krieger im Süden des Libanon einen furchteinflößenden Ruf, verüben verheerende Anschläge auf Israelis. Der Krieg im Libanon eskaliert weiter – mit brutalen Massakern auf allen Seiten. Eine multinationale Eingreiftruppe, vor allem aus französischen, britischen und US-amerikanischen Soldaten bestehend, kann dagegen nichts ausrichten. Ein Attentat auf Unterkünfte der Soldaten fordert 1983 307 Menschenleben. Unter anderem soll Ibrahim Akil daran beteiligt gewesen sein – er hat bereits davor die Fronten gewechselt. Weitere blutige Anschläge folgen, die Hisbollah erhält Zulauf, Geld aus Syrien und dem Iran – und wird für die IDF, die vorrangig gegen die PLO vorgegangen war, zum Problem.

Wohlfahrtsstaat

Der „Widerstand gegen die Besatzung“, wie sie es nennen – und wie es nicht nur die libanesischen Schiiten empfinden, gewinnt an Popularität. Nicht zuletzt durch die Sozialleistungen, die vor allem der schiitischen Bevölkerung im Libanon kostenfrei zugutekommen. Familien gefallener Kämpfer bekommen Entschädigungen, die Stromversorgung wird zur Verfügung gestellt – auch die Müllabfuhr wird verbessert.

 Nach dem Abkommen von Ta’if, das den libanesischen Bürgerkrieg beendet, bleiben israelische Soldaten im Südlibanon. Die Hisbollah, die sich als „Widerstandsorganisation“ versteht, umgeht dadurch die Pflicht, wie die anderen Milizen ihre Waffen abzugeben. 1992 töten israelische Kampfhubschrauber Hisbollah-Führer Abbas al-Musawi, der charismatische, dreißig Jahre alte Hassan …read more

Source:: Kurier.at – Politik

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