EM ohne Österreich: Warum von der Sensation 2017 so wenig blieb

Sport
Rückkehr der ÖFB-Frauen

Nach den erfolgreichen Teilnahmen 2017 (Semifinale) und 2022 (Viertelfinale) ist Österreich nicht bei der Frauen-EM dabei. Dies ist bedauerlich. Warum konnten die Erfolge nicht genutzt werden, um den Frauenfußball weiter voranzubringen?

Einst war Ernst Weber der Pionier des Frauenfußballs, der als Teamchef Tag für Tag für dessen Fortschritt arbeitete. Anekdoten besagen, dass er diese Position nur bekam, weil sein Blick bei einer Trainersitzung nicht schnell genug zu Boden ging, als die vakante Stelle zur Diskussion stand.

Mittlerweile ist die Position des Frauenteamchefs längst attraktiv geworden.

2011 wurde ich von Willi Ruttensteiner mit der sportlichen Leitung und dem Aufbau der Frauenakademie beauftragt. Gleichzeitig übernahm ich nach Webers Tod das Team. Die Anfänge waren herausfordernd: Um Spielerinnen für die neu gegründete Akademie zu gewinnen, mussten wir durch ganz Österreich reisen, um Mädchen und deren Eltern zu überzeugen.

Viele Vorurteile  

Es gab viele Vorurteile. So äußerte ein Wiener Funktionär: „Wenn du die Mädchen in die Akademie schickst, musst du damit rechnen, dass sie lesbisch zurückkommen.“

Keiner schaute zu

Die Spielerinnen bekamen (oft zu kurze) Trikots der U-15-Burschen.

Auf der ÖFB-Homepage wurde der Teamchef ganz unten gelistet – hinter den Zeugwarten des Männerteams. Bei meinem ersten EM-Qualifikationsspiel 2011 gegen Tschechien war kein Funktionär des ÖFB oder der Landesverbände anwesend.

Also formulierten wir im Nationalteam eine Vision: Unser Ziel war es, Anerkennung und Respekt zu erlangen. Diese Vision trieb uns alle an und führte uns bis ins Semifinale der EM 2017 in den Niederlanden. Dort waren dann fast alle ÖFB-Funktionäre und Landespräsidenten anwesend. 1,2 Millionen Zuschauer verfolgten das Spiel live im ORF.

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Kurier/Gilbert Novy

Leider gelang es nicht, den Frauenfußball nachhaltig zu etablieren, obwohl der ÖFB den Stellenwert erhöht hat. Wir waren in der Sportschule Lindabrunn untergebracht, heute residiert das Team mit einem quantitativ den Männern ähnlichem Stab in einem luxuriösen Thermenhotel. Aber ändert das etwas an der Qualität?

Zu kleine Basis

Im internationalen Vergleich hinken wir bei der Anzahl fußballspielender Frauen hinterher. Ohne breite Basis kann es keine stabile Spitze geben. Es ist höchste Zeit für einen nationalen Schulterschluss und die Schaffung eines umfassenden Programms zur Förderung des Frauenfußballs.

Unser Konzept von 2017 mit einem kraftvollen Bekenntnis zur Entwicklung des Frauenfußballs auf allen Ebenen ist leider aufgrund mangelnden Interesses im Verband schnell in Vergessenheit geraten. Ebenso die mögliche Ausrichtung einer EM in Österreich.

Das Programm sollte auf einer klaren Vision und konkreten Zielen basieren, sowie notwendige Prozesse zur Zielerreichung definieren. Hierzu zählen Breitenfußball, Liga, Vereine und Trainerinnen-Ausbildung. Auch Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit sind entscheidend.

EPA/Neil Hall

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Source:: Kurier.at – Sport

      

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