
Wie soll man etwas analysieren und bilanzieren, das plötzlich zur Nebensache wird?
Österreich ist nach Wunsch in die WM-Qualifikation gestartet mit zwei souveränen und ungefährdeten Siegen. Doch nicht nur zwei Mal 90 Minuten brachten Teamchef Ralf Rangnick wertvolle Erkenntnisse für den weiteren Verlauf der Qualifikation, sondern auch der sensible Umgang des Teams mit dem Amoklauf von Graz.
Charakter
Auf dem Platz trat man in beiden Spielen als Einheit auf, abseits des Feldes zeigten sich die Spieler in San Marino von der menschlichen Seite und fanden die richtigen Worte in einer Ausnahmesituation. „Im Endeffekt ist Fußball so eine Sache, die Menschen zusammenbringt, und wo man Zusammenhalt demonstrieren kann. Das haben wir versucht zu zeigen“, meinte der Steirer Marcel Sabitzer.
„Wenn man schon mal selber Sachen erlebt hat, die nicht so schön sind und Schicksalsschläge, dann kann man da mitfühlen“, meinte der 31-Jährige, der selbst Freunde und Familienangehörige in der Steiermark hat.
Der Grazer Michael Gregoritsch bewies einmal mehr, welch reflektierter Mensch er ist. „Wir haben unseren Job in den ersten 35 Minuten sehr, sehr gut erledigt. Und das war das Mindeste, was wir hier tun können, dass wir zumindest das eine oder andere Prozent Freude nach Hause bringen.“
Der kollektive Umgang mit einer schwierigen Situation schweißt zusammen und sagt viel über die Einheit aus.
REUTERS / Jennifer LorenziniAbgeklärtheit
Das österreichische Team ließ sowohl beim 2:1 gegen Rumänien als auch beim 4:0 in San Marino nie einen Zweifel über den Ausgang der jeweiligen Partie aufkommen. 60 Minuten lang dominierte man die Rumänen, in 30 Minuten erfüllte man gegen San Marino die Pflicht mit einem effektiven Auftritt.
Die Vorstellungen wirkten dabei überzeugt und klar. Eine ähnliche Herangehensweise wird es auch im September gegen Zypern und Bosnien-Herzegowina benötigen.
REUTERS / Jennifer LorenziniVerlässlichkeit
Teamchef Ralf Rangnick wird mit Zufriedenheit festgestellt haben, dass er sich auf seine Spieler verlassen kann. Maxi Wöber rechtfertigte gegen Rumänien trotz fehlender Spielpraxis das in ihn gesetzte Vertrauen ebenso wie Stefan Posch in Serravalle.
Michael Gregoritsch traf in beiden Spielen und bewies einmal mehr, dass er im Nationalteam zur Stelle ist, auch wenn er im Klub nicht mehr erste Wahl ist. Marcel Sabitzer bot zwei starke Leistungen, wurde seiner Rolle als Führungsspieler mehr als gerecht.
Ein Philipp Lienhart ist unaufgeregt die Verlässlichkeit in Person.
Qualität
San Marinos Teamchef Roberto Cevoli antwortete nach dem Spiel kurz und klar auf die Frage, welches Team in der Gruppe er für das stärkste hält: „Das ist ganz klar Österreich.“ Die Rangnick-Elf gilt als Gruppenfavorit, weil man über Qualität im Kader verfügt.
Rangnick hofft, dass bis September Spieler wieder fit und zur Verfügung stehen werden – wie ein David Alaba oder Xaver Schlager, aber auch ein Gernot Trauner und vielleicht sogar Sasa Kalajdzic. „Man muss aber abwarten, wie es sich bei jedem entwickelt. Aber ich habe immer gesagt: wenn wir alle Spieler zur Verfügung haben, dann können wir jeden Gegner schlagen.“
Der Auftakt ist mit Bravour gelungen, es spricht wenig bis gar nichts dafür, dass es im Herbst nicht so weitergehen sollte.
Source:: Kurier.at – Sport