
Der Wurf kam fast aus dem Nichts. 67,76 Meter flog am Wochenende der Speer von Victoria Hudson bei der Team-Europameisterschaft in Maribor. Damit übertraf die 29-jährige Heeressportlerin ihren eigenen österreichischen Rekord um 1,7 Meter und ist unter 1.909 Athletinnen die Nummer 1 in der Jahresweltbestenliste. Aber wie konnte der aktuellen Europameisterin und Sportlerin des Jahres so ein Wurf gelingen? Der KURIER fragte nach.
KURIER: 67,76 Meter. Wie war das möglich?
Victoria Hudson: Die Rahmenbedingungen im Training waren einfach super gut. Ohne die Zusammenarbeit mit dem LSA (Leistungssport Austria; Anm.) wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen. Ich habe eine wahnsinnig tolle Versorgung, alle Bedürfnisse werden abgedeckt. Aber von den Wurfweiten hat sich das gar nicht abgezeichnet. Dieses Jahr ist es im Training gar nicht so um die Weite gegangen, sondern mehr um die Technik. Ich habe aber gewusst, dass ich Bestwerte im Sprung und im Kraftbereich habe. Da habe ich mir schon gedacht, dass es weit gehen kann.
Sie haben zuvor heuer kaum weiter als 60 Meter geworfen …
Als der Platzsprecher gesagt hat, dass der Wurf über 65 Meter war, habe ich gedacht, ich habe mich verhört. Ich habe mich beim Wurf schon sehr reingehaut und war mit 100 Prozent drinnen, aber er hat sich ganz leicht und geschmeidig angefühlt. Da ist alles nach vorne durchgegangen, der Druck war genau in der richtigen Richtung.
Wie schaut der perfekte Speerwurf aus?
Man wirft nicht nur aus dem schnellen Arm heraus. Eigentlich mache ich mit dem Arm überhaupt nichts. Im besten Fall bin ich schnell im Anlauf und kann diese Geschwindigkeit auch im Abwurf halten. Und der Speer hängt nur an meinem Arm dran wie eine Verlängerung und ich federe ihn aus meiner Körpermitte raus.
Deshalb brauchen Speerwerferinnen einen starken Rumpf?
Ich brauche nicht nur Oberkörperkraft. Wir haben sehr viel an der Beinkraft gearbeitet. Ich habe das im Wettkampf genau gemerkt, dass die Beine im Abwurf ganz anders drinnen stehen. Dadurch kann ich den Druck viel besser überleiten, der Rumpf hält das zusammen und oben federt es den Speer raus. Nach dem Wettkampf geht es mir jetzt total gut, weil alles gesund und stabil ist.
Manche Konkurrentinnen haben 20 bis 25 Kilogramm mehr als Sie? Werfen die mit einer anderen Technik?
Auf jeden Fall. Eine schwere, große Athletin wird nie so schnell anlaufen können. Die Hebel sind anders, die Physik wirkt anders. Die sehr Großen werfen tendenziell schon mehr aus dem Arm, weil es koordinativ und technisch sehr schwer ist, mit so langen Hebeln umzugehen.
Der Wurf in Maribor war ein Wurf zur WM nach Tokio. Sind sie im September nun Favoritin?
Wahrscheinlich. Ja, ich führe die Weltrangliste an. Aber ich möchte auf diese Frage eigentlich keine Antwort geben. Ich bin vor Olympia in Paris auch in dieser Rolle gewesen – und es hat mir nichts gebracht, es ist nicht gelaufen. Ich rede gerne darüber, warum etwas geklappt hat, oder warum nicht. Aber im Vorfeld eine Prognose abgeben, darauf habe ich keine Lust. Ich muss in Tokio auch erst die Quali überstehen. Wenn ich dort in den drei Versuchen einen Blödsinn zusammenwerfe, ist …read more
Source:: Kurier.at – Sport