
Der heimische Tourismus jubelt über ein Allzeithoch bei den Nächtigungen Doch es ist nicht alles eitel wonne.
Beim Urlaub wird nicht gespart. Die heimischen Touristiker starten mit einem neuen Rekord bei Ankünften und Nächtigungen ins neue Jahr. Noch nie machten so viele Gäste in Österreich Urlaub wie 2024. Die 154 Millionen Nächtigungen und 46,7 Millionen Ankünfte übertrafen erstmals wieder den Höchstwert des Vor-Corona-Jahres 2019. Für Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler beginnt damit „eine neue Nulllinie“.
Die Aussichten für die laufende Wintersaison sind glänzend, die Buchungslage für die heute beginnenden Semesterferien laut Winkler „extrem gut“.
Alles paletti, also? Tatsächlich hielten sich die Branchenvertreter mit Forderungen an die künftige Regierung am Freitag auffallend zurück. Die Hoteliersvereinigung sprach lieber vom Tourismus als „letzten guten Pferd im Stall“ der heimischen Wirtschaft.
Hinter den erfreulichen Statistik-Zahlen verbergen sich aber nicht ganz so tolle Erkenntnisse und Handlungsaufträge. Ein Überblick:
1. Stippvisiten
Die Rekordzahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufenthaltsdauer der Touristen stetig sinkt, sprich: Es kommen zwar mehr Touristen, sie bleiben aber immer kürzer. Am stabilsten ist die Entwicklung noch bei den Deutschen, während nordische und asiatische Gäste oft nur weniger Tage auf Stippvisite bleiben. Kurzzeittrips sorgen für vermehrte Verkehrs- und Umweltbelastung besonders in den Alpentälern.
2. Übertourismus
Wer zur Adventzeit in der Wiener Innenstadt unterwegs war, wird gerne bestätigen: Zu viel ist zu viel. Die Touristenmassen nehmen an manchen Tagen und Orten bedrohliche Ausmaße an, sodass die Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung zurückgeht. Das Phänomen „Overtourism“ beschäftigt – spät aber doch – inzwischen auch die Branchenvertreter, die es lange negiert haben. Das Staatssekretariat unterstützt aktuell 17 Regionen dabei, Konzepte für ausbalancierteren Tourismus zu entwickeln und umzusetzen (etwa Apps zur Besucherlenkung, nachhaltige Mobilitätslösungen etc). Die Statistik Austria wird künftig nicht nur die Nächtigungszahlen erfassen, sondern auch die „Tourismusakzeptanz“ der einheimischen Bevölkerung. Ein wichtiger Schritt.
3. Preistreiber
Österreich wirbt mit Qualitätstourismus und lebt ihn auch. Es sei nicht zuletzt vor allem der Inlandsgast, der immer stärker zur 4- und 5-Stern-Hotellerie tendiere, sagt Kraus-Winkler. Ein vergleichbar hohes touristisches Niveau gibt es sonst höchstens noch in der Schweiz. Die Folge sind Tageskartenpreise bis zu 80 Euro und weit überdurchschnittliche Gastropreise in den Ski-Hotspots, die das Leben Vorort massiv verteuern und damit den Tourismus zum Inflationstreiber machen.
4. Ertragsschwäche
Steigende Nächtigungszahlen allein sind noch kein Indikator für wirtschaftlichen Erfolg der Tourismusbetriebe. Die Ertragssituation der Unternehmen hat sich im Vorjahr trotz der guten Auslastung sogar noch verschlechtert, viele Hotels haben hohe Schulden angehäuft. Branchenvertreter werden nicht müde, auf die schlechte finanzielle Lage zu verweisen. Steigende Energie-, Waren-, Kapital- und Personalkosten können nicht immer an die Gäste weiterverrechnet werden, insbesondere außerhalb der Touristen-Hotspots.
5. Personalumschichtung
Mit 243.000 Tourismus-Beschäftigten wurde im Vorjahr ebenfalls ein Allzeithoch erreicht. Wie wichtig die Branche als Arbeitgeber ist, zeigte sich während der Corona-Pandemie. Weniger Beachtung findet die Tatsache, dass die Inländerbeschäftigung seit der Pandemie rapide gesunken ist. Im Vorjahr ging sie auf 40 bis 43 Prozent zurück, in Wien ist sie noch niedriger. Jeder fünfte Beschäftigte stammt bereits von einem Land außerhalb der EU, die meisten davon arbeiten als Saisonniers befristet. Die Rekrutierung wird immer schwieriger. Ohne längerfristige Perspektiven und guter Arbeitsbedingungen wird die …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft