Mieten sind zunehmend befristet, Familien können sich Eigentum nur mit Erbschaft leisten, Regierungspläne blieben auf Eis.
Wohnen ist immer mehr mit Unsicherheit und einem enormen Kostendruck verbunden. Die aktuelle Bundesregierung habe auf diesem Gebiet in den vergangenen fünf Jahren nicht für Entspannung gesorgt, heißt es in einer neuen Analyse der Arbeiterkammer. Wegen massiver Bautätigkeit gebe es eigentlich ein Überangebot an Wohnungen. Dadurch sollten die Preise eigentlich sinken, sagt Wohnexperte Lukas Tockner von der AK Wien. Stattdessen verzeichne man von 2019 bis 2023 eine durchschnittliche Mieterhöhung von 23 Prozent (zum Vergleich: Verbraucherpreise plus 24 Prozent), Wohnungskaufpreise seien um 29 Prozent gestiegen. „Was hier vorliegt, ist ein Marktversagen.“
Statistik Austria, ÖNB, AK
Trotz Überangebot an Wohnungen gibt es zwischen 2019 und 2023 einen deutlichen Preisanstieg
Wohnungskauf selbst für Gutverdiener schwierig
Die Energiekrise und die gestiegene Inflation haben die Lage am Wohnungsmarkt verschärft, aber der Trend der steigenden Wohnpreise zeige sich schon lange. Von 2008 bis 2023 seien etwa die Kaufpreise bei Eigentumswohnungen um 133 Prozent gestiegen. Die Bruttolohnerhöhung und Teuerung sei im selben Zeitraum nur um 50 Prozent gestiegen.
Eine vierköpfige Familie mit 70.000 Euro verfügbarem Einkommen pro Jahr könne sich kaum mehr eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung leisten, ohne dadurch unter die Armutsgefährdungsschwelle zu fallen. Eigentumswohnungen seien dadurch nur noch „ein Angebot für Personen, die eine Erbschaft machen. Aus Arbeit alleine ist das faktisch nicht zu bezahlen.“
Unsicherheit und Mieterhöhungen bei Befristung
Bei Mietwohnungen gebe es immer mehr befristete Mietverhältnisse. Über die Hälfte aller neu abgeschlossenen Mietverträge hätten ein Ablaufdatum. „Über 400.000 Haushalte wohnen befristet“, sagt Tockner. „Für Mieterinnen und Mieter hat das fast nur Nachteile.“ Es herrsche Unsicherheit, ob der Mietvertrag verlängert werde, bei Verlängerung gebe es meist Mietzinserhöhungen. Wer es wagt, Rechte einzufordern, riskiere den Rauswurf.
Der Wohnschirm, den die Regierung während der Corona-Pandemie eingeführt hat, um Delogierungen durch die gestiegene Arbeitslosigkeit zu verhindern, sei positiv gewesen. Ebenso sei es gut, dass das Bestellerprinzip herrsche und Maklerkosten nun von Vermietern gezahlt werden müssen.
Statistik Austria, AK
Wohnungen werden immer öfter nur befristet vermietet. Dadurch sinken gesicherte Wohnverhältnisse
Nur geringer Teil der Vorhaben umgesetzt
Ansonsten aber sei die Bundesregierung an der Senkung der Wohnkostenbelastung gescheitert, sagt Thomas Ritt von der AK Wien. Von 46 im Regierungsprogramm verankerten Punkten zum Thema Wohnen seien am Ende 40 offen geblieben. Die wichtigsten: Eine Novellierung des Mietrechts, mehr Wohnbauförderung, die Bereitstellung öffentlicher Grundstücke für den geförderten Wohnbau und ein faires Mietrecht. „Befristete Mietverträge sind ein Übel der letzten Jahre“, sagt Ritt. „Sie sind unfair und teuer.“
Untragbar sei auch die Bestrafung von Mietwucher: „Derzeit klagt etwa einer von hunderten Mietern einen Vermieter. Bekommt er Recht, erhält nur er Geld zurück, die anderen Mieter aber nicht. Das ist eine Einladung zur Illegalität.“ In anderen Ländern, etwa Deutschland, gebe es in solchen Fällen saftige Strafen. Die Arbeiterkammer fordert eine „echte, wirksame Mietpreisbremse“ von der nächsten Bundesregierung.
Widerspruch zu Immobilieninvestoren
Dass Immobilieninvestoren durch zu geringe Mieteinnahmen das Geld für neue Projekte sowie die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen fehle, wie es Verbandspräsident Louis Obrowsky dem KURIER geschildert hat, versteht Tockner nicht: „Gemeinnützige Bauvereinigungen sind Vorreiter bei der thermischen Sanierung und beim …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft