
Wiener Legaltech-Start-up wirft Kammer Eigeninteressen vor. Streit um Nutzung von ID Austria
Die digitale Notariatsdienste-Plattform notarity wehrt sich gegen die Klage der Österreichische Notariatskammer (ÖNK) und wirft dieser vor, im Eigeninteresse Konkurrenten aus dem Markt drängen zu wollen. Wie berichtet, hat die Kammer Anfang Oktober beim Handelsgericht Wien eine Klage gegen das Wiener Legaltech-Start-up eingebracht, weil sie das Geschäftsmodell für nicht rechtskonform hält.
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Über die 2022 gestartete Plattform können diverse Dienstleistungen von Notaren wie Unternehmensgründung, Übertragung von Unternehmensanteilen, Kapitalerhöhungen, Änderungen im Firmenbuch, Vollmachten oder sonstige Unterschriftsbeglaubigungen digital – etwa mittels ID Austria – abgewickelt werden. Im ersten Jahr wurden laut notarity Online-Beglaubigungen von mehr als 10.000 Dokumenten über den digitalen Prozess erledigt.
Mehrere Klagspunkte
In der Klage wirft die Kammer notarity gleich mehrere Punkte vor. Erstens würden Dienstleistungen wie Beglaubigungen einer Unterschrift angeboten, obwohl diese nur Notare als öffentliche Amtsperson durchführen dürfen. Zweitens sei der Name „notarity“ irreführend, weil er mit einem öffentlichen Notar verwechselt werden könne und drittens wurden zahlreiche Klauseln beanstandet, etwa Stornobedingungen und mögliche Folgen für Klienten bei einem fehlerhaften Prozedere. Zum Hintergrund: Die technische Abwicklung von Online-Beglaubigungen bzw. Notariatsakten ist in der Notariatsordnung klar geregelt.
Schuster: „Alles geklagt, was sie gefunden haben“
„Wir bieten keine Notariatsdienstleistung an, sondern vermitteln diese nur“, stellte notarity-CEO und Mitgründer Jakobus Schuster am Dienstag bei einer Pressekonferenz klar. Etwa ein Viertel der heimischen Notare benutze die Plattform zur Online-Terminvermittlung und sei damit sehr zufrieden, kann er die Klage der Standesvertretung gegen das Tool nicht nachvollziehen. „Die haben alles geklagt, was sie gefunden haben“.
Streit um ID Austria als Unterschrift
Zuletzt gab es zwischen notarity und der Kammer auch Streit, ob die neue die ID Austria in Vollfunktion als digitale Unterschrift für Beglaubigungen anerkannt wird oder ob es zusätzlich einen Lichtbildausweis brauche. Bei der ID Austria wird als elektronische Identifizierung immer ein Lichtbild mitgeliefert. „Wir sind rechtlich überzeugt, dass das zulässig ist“, sagt Schuster. Auch Staatssekretär Tursky habe die ID Austria schon für Notariatstermine genutzt. In einer Live-Online-Demo erfolgte eine Unternehmensgründung mittels ID Austria in weniger als 10 Minuten.
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Eigenes Rechtsgutachten
Da Gespräche über eine gütliche Einigung nicht erfolgreich waren, wurde nun für 1. Februar 2024 ein Verhandlungstermin festgesetzt. Schuster hat bei Rechtswissenschafter Stefan Perner ein Gutachten in Auftrag gegeben und ist „positiv gestimmt“. Einige Prozesse auf der Plattform seien bereits angepasst worden, das Portal können mit kleinen Änderungen weitergeführt werden, ist er überzeugt. Eine allfällige Änderung des irreführenden Namens „wird uns das nicht das Genick brechen“.
Disziplinarverfahren für Notare angedroht
Notare, die mit notarity kooperieren, könnten indes Disziplinarverfahren wegen Verstoßes gegen das Standesrecht drohen. Das habe zu Verunsicherung geführt, meint Schuster, den Vertrag mit dem Portal gekündigt habe aber nur ein Notar. Die meisten würden notarity aber nur zur Terminvereinbarung nutzen. Dass mit der Plattform Preisdumping betrieben werde, weist der notarity-Chef zurück. „Es geht uns nicht darum, Preis zu dumpen. Man kann mit dem digitalen Prozess Zeit sparen, daher auch Geld.“
Unliebsame Konkurrenz?
Die Notariatskammer hat zuletzt in ihrer …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft