Ökonomin: „Die Industrie ist große Profiteurin der Benya-Formel“

Wirtschaft

Trotz kleiner Lichtblicke am Konjunkturhorizont setzt sich der Stellenabbau in der heimischen Industrie weiter fort. Im Mai stieg die Arbeitslosigkeit in der Warenerzeugung mit 13,8 Prozent doppelt so stark wie die allgemeine. Der Ruf nach Lohnzurückhaltung wird lauter. Der industrienahe Thinktank Agenda Austria forderte zuletzt mehr Spielraum für Kollektivvertragsverhandlungen auf Betriebsebene und ein Aus für die „Benya-Formel“ – der KURIER berichtete.

Die Reaktion des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) fällt harsch aus: Lohnzurückhaltung sei keine Lösung für die Probleme in der Industrie, kontert Helene Schuberth, Chefökonomin und Bundesgeschäftsführerin des ÖGB. „Wir haben keine Hinweise darauf, dass niedrigere Löhne zu mehr Investitionen führen oder einen Stellenabbau verhindern“, sagt Schubert zum KURIER. 

Nicht alle Betriebe seien gleichermaßen von der Rezession betroffen, wie die Gewinnausschüttungen an die Aktionäre zeigen würden. Hier gebe es wenig Zurückhaltung. „Die börsennotierten Unternehmen haben im Vorjahr 90 Prozent ihrer Gewinne ausgeschüttet. Große unternehmerische Weitsicht ist das nicht.“

Energiekosten schuld

Die Industrieproduktion müsse längerfristig betrachtet werden und da zeige sich, dass diese in Österreich nach der Pandemie bis 2022 „phänomenal gestiegen“ sei. Der Hauptgrund für die aktuelle Rezession seien nicht die gestiegenen Löhne, sondern die hohen Energiekosten. „Das ist nicht nur ein österreichisches Phänomen, kommt hier aber verstärkt zum Tragen.

“Die Lohnquote betrage in der Industrie nur 10 bis maximal 30 Prozent der Gesamtkosten, die Bedeutung sinke von Jahr zu Jahr. Man müsse daher bei den Energiepreisen ansetzen und eine aktive Industriepolitik machen. „Wir sind im dritten Jahr der Rezession und es hat bisher keine nennenswerte industriepolitische Initiative gegeben“, kritisiert Schubert. Länder, die in die Energiepreise eingegriffen hätten, stünden jetzt viel besser da. 

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Den reinen Fokus mancher Ökonomen und Wirtschaftsvertreter auf aggregierte Daten hält sie für problematisch, er zeige eine gewisse „Rat- und Hilflosigkeit“.

Benya-Formel

Nicht nachvollziehen kann Schubert die Kritik an der „Benya-Formel“ als Grundlage für Lohnerhöhungen (rollierende Inflation der letzten 12 Monate + mittelfristiges durchschnittliches Produktivitätswachstum, Anm.) „Ich verstehe die Kritik daran nicht, weil die Industrie die große Profiteurin der Benya-Formel ist“, so Schubert. Würde man nur die Industrie-Produktivität als Basis heranziehen, wären die Löhne in den vergangenen 25 Jahren drei Mal so stark gestiegen. 

Die Produktivität müsse mittelfristig betrachtet werden, erläutert die Ökonomin. In der Industrie sei sie von 2020 bis 2022 überdurchschnittlich stark gestiegen und danach konjunkturbedingt wieder gesunken. Die Benya-Formel sei ein Garant für die Wettbewerbsfähigkeit.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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