
Kampagnen-Macher und Keynote-Speaker Philipp Maderthaner sieht die Arbeitswelt kritisch. „Ohne Engagement wird man nicht weltspitze und wer halbtags arbeitet, muss mit den Konsequenzen leben“.
KURIER: „Nie war mehr Anfang als jetzt“ steht auf eurer Firmen-Homepage. Was ist damit gemeint?
Philipp Maderthaner: Dass gerade extrem viel in Bewegung ist und wir spüren, dass Dinge ins Wanken geraten. Das schafft sehr viel Verunsicherung. Aber wenn man die Tatsache, dass sich Dinge ändern, mal akzeptiert hat, kann man in die nächste Stufe übergehen, nämlich das Morgen zu gestalten. Das ist mit dem Spruch gemeint. Da ist die Chance, was Neues zu entwickeln.
Es ist viel Veränderung auf einmal.
Ja, und wir merken, dass die Menschen nicht mehr in dem Ausmaß bereit sind, ihre individuellen Bedürfnisse dem größeren Kollektiv unterzuordnen. Das äußert sich im Wunsch, anders zu arbeiten, flexibler zu arbeiten, weniger zu arbeiten. Die Menschen beschäftigen sich viel mehr mit sich selbst.
Wie geht sich das aus in einem unternehmerischen Kollektiv, in einer Firma?
Das muss man ausloten und auch, was wo möglich ist. Die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich geht sich sicher nicht für alle Unternehmen aus. Wir reden von 20 Prozent mehr Personalkosten. Solche Forderungen muss man auch kritisch hinterfragen.
Kurier/Juerg Christandl
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Great Resignation – dass Mitarbeiter die Firmen schnell verlassen, wenn es ihnen nicht passt.
Ich glaube, da hat die Pandemie vielen den Rest gegeben, viele sind an die Belastungsgrenze gestoßen. Es hat aber auch mit einer Erbengeneration zu tun, die nicht mehr voll auf Arbeit und Einkommen angewiesen ist, weil die Eigentumswohnung oder das Geld ja da sind.
Aber wir diskutieren all das in einer Welt, in der wir gleichzeitig viele Menschen haben, die Vollzeit arbeiten, jeden Tag, in der härtesten Jobs, und die mit ihrem Geld nicht gut auskommen. Es ist also eine etwas elitäre Debatte, die wir hier führen. Die einen, die nicht mehr auf ihren Vollzeitjob angewiesen sind, die anderen, die mit dem Geld nicht auskommen.
Der Trend in Richtung Teilzeitgesellschaft ist aber vielerorts ablesbar.
Grundsätzlich darf jeder für sich entscheiden, was ihm oder ihr passt. Aber alles kommt mit Konsequenzen. Wie ist das dann in zehn, zwanzig Jahren? Wir reden über die Finanzierung des Pensionssystems, darüber, was man sich später noch leisten kann. Wenn man im Leben gewisse Ambitionen oder größere Ziele hat, vielleicht Karriere machen will oder einen Aufstieg, dann wird das mit dem gebremsten Engagement schwierig. Es gibt ja auch keine Halbtags-Skifahrer, die Weltspitze werden.
Wie ist das überhaupt mit Leistung heute?
Es wird sich am Ende sehr zuspitzen. Ich glaube nach wie vor, dass es viele Menschen gibt, die einen Anspruch haben, die etwas beitragen wollen, die mit Ambition dabei sind und die auch gerne Leistungsträger sind. Für die wird es sehr gute Zukunftsaussichten und Chancen geben. Ich sehe es als riskantes Unterfangen, sich jetzt zurückfallen zu lassen und nur wenig Einsatz zu zeigen.
Es gibt einen akuten Arbeitskräftemangel in vielen Branchen. Heute müssen Firmen viel bieten, um Mitarbeiter anzuziehen. Wo ist da aus Ihrer Sicht die Grenze?
Spannende Frage. Heute muss man als Unternehmen noch nicht einmal was falsch gemacht …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft