
Als LVMH-Chef Bernard Arnault und US-Präsident Donald Trump vor sechs Jahren feierlich das blaue Band durchschnitten, sollte die neue Fabrik in Texas für die Produktion von Louis-Vuitton-Designerhandtaschen ein Symbol für die Expansion der Luxusmarke in den USA werden. Doch hinter den Kulissen kämpft der Standort bis heute mit erheblichen Problemen.
Wie elf ehemalige Mitarbeiter Reuters berichteten, zählt das Werk im ländlichen Alvarado zu den weltweit leistungsschwächsten Standorten. In internen Ranglisten schneidet es deutlich schlechter ab als andere Produktionsstätten, wie drei frühere Beschäftigte und eine hochrangige Branchenquelle sagen.
Bis zu 40 Prozent Ausschuss
Die Schwierigkeiten – die bisher nicht öffentlich bekannt waren – verdeutlichen die Herausforderungen für den Luxuskonzern beim Aufbau einer Produktion in den USA, um Zölle zu umgehen. „Der Produktionsanlauf war schwieriger als erwartet, das stimmt“, räumt Ludovic Pauchard, Produktionsleiter von Louis Vuitton, in einem Gespräch mit Reuters ein. Vor allem der Mangel an erfahrenen Lederarbeitern macht dem Unternehmen zu schaffen. Ein Insider beschreibt die Probleme bei der Herstellung der klassischen Louis-Vuitton-Schultertasche so: „Es hat Jahre gedauert, um mit der Herstellung der einfachen Pockets der Neverfull-Handtasche zu beginnen.“ Fehler beim Zuschnitt und Zusammenfügen führten dazu, dass bis zu 40 Prozent der Lederhäute unbrauchbar waren – etwa doppelt so viel wie branchenüblich.
Mehrere frühere Beschäftigte schildern zudem einen enormen Druck: Um die Stückzahlen zu steigern, seien Fehler bewusst ignoriert oder vertuscht worden. Teils sei dies sogar von Vorgesetzten gefördert worden, berichten vier ehemalige Beschäftigte. Taschen, die die hohen Qualitätsstandards nicht erfüllten, wurden vor Ort geschreddert und zur Verbrennung abtransportiert, erzählen zwei Insider. Pauchard bestätigt frühere Qualitätsprobleme, betont jedoch, diese seien auf einen Manager zurückzuführen, der nicht mehr für das Unternehmen tätig sei. „Jede Tasche, die diese Fabrik verlässt, muss ein Louis-Vuitton-Produkt sein – wir stellen sicher, dass sie exakt dieselbe Qualität hat“, sagt er.
Wenig Erfahrung, hohe Erwartungen
Ein ehemaliger Produktionsleiter erzählt, Louis Vuitton habe das Werk in Texas hauptsächlich für weniger anspruchsvolle Handtaschenmodelle genutzt und seine teuersten Produkte anderswo gefertigt. In dem auf einem 250 Hektar großen Ranchgelände errichteten Werk, das zu Ehren eines französischen Generals „Rochambeau“ heißt, werden Komponenten und komplette Modelle von Louis-Vuitton-Handtaschen wie Felice Pochettes und Metis Bags mit dem Etikett „Made in USA“ gefertigt. Die Taschen werden in Luxus-Boutiquen für 1.500 bis 3.000 Dollar (1.358 bis 2.716 Euro) verkauft. LVMH wollte sich nicht dazu äußern, welche Modelle vollständig oder teilweise in Texas entstehen.
Die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter lagen bei zunächst 13 Dollar pro Stunde und stiegen 2024 auf 17 Dollar – deutlich mehr als der Mindestlohn in Texas, der 7,25 Dollar pro Stunde beträgt. Obwohl die Beschäftigten stolz darauf waren, für die renommierte Marke zu arbeiten, scheiterten einige an den strengen Qualitäts- und Produktionsvorgaben. „Wir standen unter großem Druck, die täglichen Ziele zu erreichen“, sagt eine frühere Beschäftigte. Eine andere ehemalige Lederarbeiterin berichtet, sie habe mit einer heißen Nadel versucht, Material zu „schmelzen“, um so Löcher oder andere Unvollkommenheiten in Nähten zu kaschieren.
Damien Verbrigghe, internationaler Fertigungschef von Louis Vuitton, räumt ein, dass einige Beschäftigte wegen der strengen Anforderungen den Arbeitsplatz gewechselt oder das Werk verlassen hätten. „Manche haben sich entschieden, …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft