Wenn Arbeitskräfte fehlen: Bald weniger Angebot im Dienstleistungssektor?

Wirtschaft

363.000 Arbeitskräfte könnten bald fehlen. Soziologe Stefan Vogtenhuber rechnet in Zukunft mit einem geringeren Angebot im Dienstleistungsbereich.

Wird Österreich zur Dienstleistungswüste? Wenn der Wirtschaftskammer-Präsident mit seiner Prognose recht behält, droht genau das. Mahrer beziffert den drohenden Schaden für die österreichische Volkswirtschaft mit bis zu 150 Milliarden Euro.

Die Lage ist in ganz Europa angespannt. Auch Deutschland verzeichnet Rekordwerte an unbesetzten Stellen und in Italien fehlt Personal – vor allem im boomenden Tourismus. Wie wirkt sich der Arbeitskräftemangel auf unseren Alltag aus und wie kann man ihm begegnen? Stefan Vogtenhuber ist Soziologe an der Universität Wien und befasst sich aktuell genau damit.

KURIER: In Deutschland können zwei Millionen Stellen nicht besetzt werden. Ein neuer Rekordwert. Wie dramatisch ist die Situation?

Stefan Vogtenhuber: Die Demografie wirkt sich auf mehreren Ebenen aus. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen langsam in Pension. Gleichzeitig kommen zu wenig Junge nach – nicht nur weil es weniger gibt, sondern auch, weil sie länger in Ausbildung sind. Durch die Pensionierungswelle erhöht sich kurzfristig die Nachfrage nach Dienstleistungen. Bei den meisten Pensionisten trifft nämlich relativ viel Geld auf viel Zeit. Mittel- bis langfristig steigt auch die Nachfrage nach den Gesundheitsdienstleistungen, Altenpflege und so weiter.

Geredet wird über den Arbeitskräftemangel ja schon lange. Wie sehr ist dieser aber tatsächlich auch schon spürbar?

Man spürt es ja jetzt schon, manche Gasthäuser bieten beispielsweise nur noch abends warme Küche an. In der Alten- und Krankenpflege wird man das allerdings nicht so lösen können, dass man das Angebot reduziert. Da ist der Bedarf ständig da.

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„Mit höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen könnten Unternehmen dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken“, sagt der deutsche Ökonom und Ifo-Präsident Clemens Fuest. Ist das die Lösung?

Es ist sicher Teil der Lösung. Aus meiner Sicht wird aber zu wenig berücksichtigt, dass speziell die Facharbeiter, die in der Mangelberufsliste sehr prominent vertreten sind, zu gering entlohnt werden. Das wirkt sich auf das Prestige der Lehrausbildung insgesamt aus. Da ist es natürlich logisch, dass der Trend zu höherer Bildung, Matura und Hochschule nachhaltig anhält.

Ihs

Stefan Vogtenhuber ist Soziologe an der Uni Wien

Bisher hat man versucht, die Lücken in eben diesen Mangelberufen über die Zuwanderung auszugleichen. Jetzt merkt man, dass das allein nicht ausreichen wird. Wie geht es also weiter?

Genau. Der einfache Weg bisher war, es über die Zuwanderung zu lösen. Es ist aber absehbar, dass nicht mehr genügend Menschen nachkommen werden. Wir hatten 2014/2015 einen Peak, der aber durch Corona stark zurückgegangen ist. Da erhebt sich die Frage, ob man nicht lieber an der Stellschraube mit fairen Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen drehen will.

Apropos fair: Eine Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel, die seitens der Politik immer ins Treffen geführt wird, ist das Arbeiten im Alter bzw. über das reguläre Pensionsantrittsalter hinaus.

Wir werden älter, das muss sich also auch im Pensionsantritt widerspiegeln. Die Beschäftigung der Älteren ist in Österreich im internationalen Vergleich noch immer niedrig, wir holen aber auf. Und das wird sicher noch weitergehen. Aber auch hier muss man auf jeden Fall etwas an den Rahmenbedingungen ändern, sodass das Arbeiten im Alter attraktiv wird.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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