Historien-Doku zum Saisonauftakt im Volkstheater

Kultur

Kay Voges will es „bis zur letzten Patrone knallen lassen“ und inszeniert „Bullet Time“.

Von Susanne Zobl

Das Motto „Showdown“, unter dem er es in seiner letzten Spielzeit als Direktor des Volkstheaters „bis zur letzten Patrone knallen lassen“ will, löst Kay Voges mit seiner ersten Premiere „Bullet Time“ (Text: Alexander Kerlin) nur bedingt ein. 

Mit der wahren Geschichte des britischen Fotografen Eadweard Muybridge (1830 – 1904) führt er ins Kalifornien des 19. Jahrhunderts. Muybridge erfand Bahnbrechendes für die Fotografie und leistete mit einem über die Leinwand galoppierenden Pferd samt Reiter, das zur Ikone für bewegte Bilder wurde, Pionierarbeit für das Kino. Die Story hätte Potential für ein großes cineastisches Drama. Denn der Mann war kein Guter, er unterdrückte seine Frau, erschoss kaltblütig ihren Liebhaber Harry Larkyns und wurde dafür freigesprochen.

Ein Filmset auf der Bühne

Die Produktion pendelt zwischen einer braven, aufwändig gemachten Historien-Doku und Gerichtsshow aus dem Privatfernsehen. Die Bühne (Michael Sieberock-Serafimowitsch) ist ein Filmset. Gedreht wird Muybridges Prozess, im vorderen Teil ist der Gerichtssaal aufgebaut. Der hintere wird für Rückblicke genützt, auch ein detailliert ausgestatteter Saloon wie aus einem Western ist zu sehen. Ein Kamerateam überträgt das Geschehen auf eine Leinwand über der Bühne. Zeugen werden verhört. Szenen aus dem Leben des Angeklagten werden nachgespielt, der Mord an Larkyns wird ausführlich dargestellt.

 Das reale Vorbild war ein Reporter der „Evening Post“ und verdingte sich als Fotograf, manche Quellen geben ihn als angesehenen Theaterkritiker aus. Elias Eilinghoff zeigt Larkyns wie ein blasses Abziehbild von Johnny Depp. Die Personenführung changiert zwischen Karikatur und Klischee. Auch Frank Gensers Darstellung des mörderischen Genies Muybridge, der an den Folgen einer Kopfverletzung leidet, hat einen Hang zur Persiflage. Lavinia Nowak überzeugt in Gestalt der Flora Muybridge als junge Frau, die gegen ihren tyrannischen Ehemann aufbegehrt. 

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Richter und Anwalt sind weiblich besetzt, Anke Zillich und Evi Kehrstephan agieren wie in einer wohlfeilen Fernsehshow. Uwe Rohbeck macht aus Stanford, Muybridges Financier, einen dämonischen Kapitalisten, Claudia Sabitzer wirkt als Kellnerin in Lumpen wie aus „Les Miserables“. Uwe Schmieder ergänzt als Galerist, Christoph Schüchner als Augenzeuge und Reporter. Alle agieren solide.

Ferientheater

Dennoch wirkt das Geschehen wie Ferientheater, bei dem Kinder Quentin Tarantino spielen wollen, sich aber nicht wirklich trauen. Kay Voges hatte sich zum Schlussapplaus einen Sheriff-Stern angesteckt. Das Premierenpublikum applaudierte.

 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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