Pager-Explosion im Libanon: Was wollte Israel damit erreichen?

Politik

Warnung an die Hisbollah oder Vorbote des nächsten Krieges? Nach dem ungewöhnlichen Anschlag lässt sich die Regierung Netanjahu erneut nicht in die Karte schauen.

Auch die Israelis waren überrascht, als Tausende Pager von Angehörigen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah am Dienstagnachmittag im Libanon und in Syrien gleichzeitig explodierten. Mindestens 11 Menschen wurden dabei getötet, Hunderte schwer und Tausende leicht verletzt. Ein Anschlag von ungeahntem Ausmaß, auf den die israelische Bevölkerung eher gelassen reagierte. 

Der Alltag lief weiter wie gewohnt. Israels Nordgrenze, von der Hisbollah seit fast einem Jahr täglich mit Raketen und Drohnen bombardiert, war am Tag nach der Pager-Attacke ruhiger als in den Tagen zuvor. Trotzdem bleibt die Frage: 

Hat diese Aktion einen umfassenden Krieg im Norden und im Libanon näher rücken lassen? Oder war es ein wirkungsvolles Warnsignal?

Israel hat nicht die Verantwortung für den spektakulären Massen-Anschlag übernommen. Premier Benjamin Netanjahu verpasste seinen als vorlaut berüchtigten Ministern noch in der Nacht einen Maulkorb. Er selbst hatte am Vortag nach einer Kabinettssitzung noch öffentlich ein klares Kriegsziel an der Nordfront gesetzt: Die „gesicherte Rückkehr der evakuierten Nordbevölkerung in ihre Häuser“.

Tagtägliche Raketenangriffe

Womit der Premier keine neue Politik enthüllte, aber deutlich signalisierte: Wer Israel einen Abnutzungskrieg aufzwingen will, muss mit harten militärischen Konsequenzen rechnen. Letztlich kann Israel langfristig keine tagtäglichen Raketenangriffe dulden.

Eine Botschaft, die sich auch und sogar vor allem an die eigene Bevölkerung richtete. Sie verliert die Geduld.

Denn über elf Monate nach dem Massaker der islamistischen Hamas aus dem Gazastreifen mit der Ermordung von 1.200 Menschen und 250 entführten Geiseln, kann die Regierung immer noch keine überzeugenden Erfolge vorweisen.

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Aus Frust wird Druck. Sarah Lieber aus dem evakuierten Kiriat Schmona lebt mit ihrer Familie seit fast einem Jahr in zwei engen Hotel-Räumen 50 Kilometer weiter südlich in Tiberias: „Ich hab es satt“, erklärte sie im Radiosender Kan, „diese Regierung macht nichts. Weder Krieg noch Waffenstillstand. So eine Attacke  mag ja beeindruckend sein, sie ändert aber nichts an unserer Lage.“

Auch Verteidigungsminister Yoav Gallant kündigte bereits vor Wochen eine härtere militärische Gangart an Israels Nordgrenze an.

Ein „Abnutzungskrieg mit Ewigkeitsanspruch“ soll durch Drohung mit einem regionalen Krieg verhindert werden. Ex-General Gallant ist ein Mann klarer Worte. Auch im Kabinett, was ihn bei Netanjahu immer wieder unbeliebt macht. Er sprach bereits im Frühjahr von „großen Überraschungen für die Hisbollah“, sollten sich die Angriffe an der Nordgrenze lange hinziehen oder ausweiten. Offensichtlich keine leere Drohung.

Experten wunderten sich aber, warum die mit Sprengsätzen versehenen Pager ausgerechnet jetzt explodierten. „So etwas bringt man in einem größeren Rahmen zum Einsatz“, meint der Sicherheitsexperte Ron Ben Yishai von der Zeitung Yedioth. Es wird spekuliert, die Attacke sei eigentlich für den Beginn eines umfassenden Bodenangriffs gegen die Hisbollah geplant gewesen. Doch sei mit ihrer frühzeitigen Aufdeckung zu rechnen gewesen. Daher die vorzeitige Zündung. 

„Überraschungen“

Nicht zu vergessen: Gallant sprach von Überraschungen. Mehrzahl. Bleibt die Frage, wie viele noch ausstehen. Der Cyberspace ist groß und Israel kennt sich dort bestens aus. Er umfasst nicht nur die Hisbollah. Auch im Iran und bei den Houthi im Jemen werden die Signale aus ihm empfangen.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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