Die neue Kriegsfront: Der Nahost-Konflikt wird zum Cyber-Krieg

Politik

Unser Korrespondent in Israel wurde nachts von einem Fehlalarm geweckt, ausgelöst durch eine „Quelle im Iran“. Nach dem Pager-Angriff im Libanon verlagert sich der Nahost-Konflikt endgültig ins Netz.

Summt nachts um halb 3 Uhr das Handy, ist das ärgerlich. Für Journalisten aber nicht gerade überraschend. Alarmierend war jedoch die lapidare Kurzmitteilung des israelischen Zivilschutzes: „Krisenalarm: Sofort die Schutzräume aufsuchen!“ 

Mein hellwacher Instinkt sagte: Raus aus dem Bett. Doch der müde Verstand hielt dagegen: Fehlalarm. Schlaf weiter. Im Gegensatz zu mir rannten über 100.000 Einwohner im Süden Israels sofort los. Wie schon so häufig in diesem Krieg. Trotz umgehender Entwarnung vom Zivilschutz: „Wir waren das nicht.“

Wer war es dann?

Im Krieg gegen die Hamas fliegen Drohnen und Raketen, schießen Panzer und Granatwerfer. Zu den Waffen gehören aber auch Computer. In der psychologischen Kriegsführung sind sie unverzichtbar geworden. Letztlich wurde „eine Quelle im Iran“ ausgemacht, die in der Nacht zum Donnerstag den nächtlichen Nervenkrieg in Israel auslöste.

Die Hisbollah wurde an ihrem verwundbarsten Punkt getroffen

Im Vergleich zu den digital ausgelösten Pager-Explosionen im Libanon, die Dienstag und Mittwoch mindestens 20 Hisbollah-Angehörige töteten und Tausende verwundeten, wirkt ein digitaler Fehlalarm harmlos. Auch wenn eine Familie mit Kleinkindern auf die nächtliche Ruhestörung nicht ganz so gelassen reagieren mag.

Doch die Pager-Sprengsätze am Gürtel der Hisbollah-Kämpfer lösten spürbare Panik aus. Die Hisbollah hat ihre Angehörigen angewiesen, sich von Pagern und anderen Funkgeräten fernzuhalten. Wie zuvor schon von allen Geräten, die mit dem Internet verbunden sind – sind diese doch leicht zu orten und somit für Hisbollah-Kämpfer seit Langem streng verboten. 

  Pager-Explosionen im Libanon: Wie das funktioniert

Dabei sollten die Pager eigentlich die verbotenen Handys ersetzen. Übervorsichtige heben gar kein Telefon mehr ab. Im Süden sollen Soldaten der UNIFIL-Friedenstruppe der Vereinten Nationen angegriffen worden sein. Die Hisbollah verdächtigt sie, am Komplott beteiligt gewesen zu sein.

Cyberangriffe seit 7. Oktober 2023 um 50 Prozent gestiegen

Im Gegensatz zu den Kämpfen im Gazastreifen und Nordisrael ist der Cyber-Krieg grenzenlos. Israel schaltete in den vergangenen Jahren per Computer-Virus ganze iranische Atomreaktoren aus. Iranische Hacker legten stundenlang israelische Krankenhäuser lahm, hackten sich in Banken, Versicherungen und sogar in den zivilen Bereich des Verteidigungsministeriums. 

Im letzten Wahlkampf wurde mit künstlicher Intelligenz Wahlpropaganda gefälscht. Was nicht ungefährlich ist. Ärzte können für ein paar Stunden analog mit Kuli und Papier arbeiten. Doch selbst harmlose Informationen können in Massen und sorgfältig analysiert militärisch genutzt werden.

Seit Kriegsausbruch am 7. Oktober 2023 sind die ohnehin häufigen Cyber-Angriffe auf israelische Einrichtungen um 50 Prozent gestiegen. Wobei die IT-Spezialisten der Iranischen Revolutionsgarden oft hinter den Fähigkeiten privater Hacker aus aller Welt zurückbleiben. 

Mittlerweile gibt es private, aber weltweit operierende Gruppen, die aufgespürte Informationen aus Israel untereinander austauschen. Aber auch der russische und der chinesische Geheimdienst sind im Cyber-Krieg gegen Israel mit dabei. BIS, der tschechische Geheimdienst, registrierte einen sprunghaften Anstieg von Pro-Hamas Aktivitäten auf TikTok.

Nur Taiwan ist mit insgesamt 500 Millionen Cyber-Angriffen aus China noch stärker gefährdet als Israel. 

Ya Ping-Lee, Taiwans diplomatische Vertreterin in Israel, rief daher im Juni zum „Aufbau digitaler Solidarität“ auf. Sie beobachtet russische Fake News vor allem in Bezug auf Großereignisse, …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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