Dorfer über die Wahl: „Wir haben die Wucht des Zorns unterschätzt“

Kultur

Der Satiriker über die Gründe für das Erstarken der FPÖ: „Weder Babler noch Kogler oder Nehammer stehen für Veränderung.“

Alfred Dorfer macht sich keine Illusionen: Satire, die richtig wehtut, hat es im Fernsehen schwer, wenn dem Sender die Politik im Gnack sitzt. Und so wird es wohl keinen nächtlichen „Donnerstalk“ mehr mit ihm geben. Auch die Fortsetzung der legendären Serie „MA 2412“ unter dem Titel „Weber & Breitfuß“ – zwei Folgen wurden im Dezember 2022 ausgestrahlt – dürfte irgendwo versandet sein. Aber Dorfer bleibt die Bühne: Über 600 Mal spielte er im deutschen Sprachraum sein Programm „und…“ Und nun, am 18. Oktober, eine Woche nach seinem 63. Geburtstag, hat im Stadtsaal „GLEICH“ Wien-Premiere.

Moritz Schell

KURIER: Auf „fremd“ folgten „und…“ und jetzt „GLEICH“. Kann man von einer Trilogie sprechen?

Alfred Dorfer: Ja, weil es sich um Bestandsaufnahmen der jeweiligen Epoche handelt – samt einem losen dramaturgischen Rahmen. Ich beschäftigte mich in „und…“ mit dem Thema Umzug und in „fremd“ mit der Macht der Bilder: Ab wann kannst du dir nicht mehr sicher sein, dass die Bilder, die du hast, wirklich aus dir kommen? Das war in den Nullerjahren eine große Fragestellung an die Zukunft, mittlerweile ist es Realität. Und auch dieses Stück ist eine Parabel: Man sucht sich eine bestimmte Bevölkerungsgruppe heraus und versucht sie zu isolieren.

Und zwar welche?

Im konkreten Fall die alten Leute, weil sie zu teuer und zu betreuungsintensiv sind. Aber sie sind immer noch die kaufkräftigste Gruppe, sie entscheiden die Wahlen und erhalten die klassischen Medien am Leben. Es geht mir nicht um die Probleme der alten Menschen, sondern um eine Umgangsweise mit dem vermeintlich Überholten, mit Bevölkerungsgruppen, die man ausschließt oder gegeneinander aufhetzt. Und natürlich gibt es Verknüpfungen zu den großen Themen, die auf uns zubranden: das Bildungsproblem, das Migrationsproblem, das Wohnungsproblem, die Rezession. „GLEICH“ ist ein Stück über soziale Fragen.

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Ihr neues Solo haben Sie vor einem halben Jahr in München herausgebracht. Ist Deutschland der Modellfall? Oder adaptieren Sie es für Österreich?

Ja, ich habe „GLEICH“ zunächst für Deutschland geschrieben. Die Deutschen können ja lustigerweise nicht mehr mit dem Finger auf andere zeigen, was die politische Situation anbelangt. Die Ampel war schon damals quasi tot. Es gibt aufgelöste Grüne, die sich zu einer Liste Robert Habeck umbauen. Es gibt eine desolate Sozialdemokratie – in Deutschland! – und eine FDP, die sich wie eine zickige Tante benimmt: Ich trete aus, ich bleibe drin. Und es gibt nicht nur miserable Wirtschaftsdaten, sondern gleich zwei radikale Gruppierungen, nämlich die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht. Die österreichische Fassung unterscheidet sich aber nicht fundamental von der deutschen.

Trotz der Nationalratswahl?

Ich habe mich längst davon verabschiedet, Aktualitäten und Tagespolitik zu kommentieren, weil ich glaube, dass Satire mehr sein muss als das thematische Hinterherhoppeln, zumal die Medien naturgemäß schneller sind als wir. Da bliebe unserer Zunft dann nur, sich in persönlichen Angriffen zu ergießen.

Was Sie aber nie tun.

Es geht mir um grundsätzliche Themen, um Gesellschaftspolitik. Daher gibt es auch kein, etwa, Babler-Bashing.

Sondern nur, wie im KURIER zitiert wurde, den Satz, dass die Sozialdemokratie ein Theater ohne Publikum …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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