Sean Combs: Einmal Gangsta, immer Gangsta?

Kultur

Mehr als 120 mutmaßliche Opfer, ein perfides System des Machtmissbrauchs und prominente Mitwisser: ein Überblick über den Skandal der einstigen Rap-Größe.

Er hatte viele Namen, nicht alle hat man sich gemerkt. Die Anklageschrift listet sie sogar auf: „Puff Daddy“, „P. Diddy“, „Diddy“, „PD“, „Love“. Die Namen sind aber nicht der Grund dafür, dass das Dokument 14 Seiten lang ist. Der einstigen Rap-Größe Sean Combs werden zahlreiche schwerwiegende Vorwürfe gemacht: Vergewaltigung (unter anderem von Jugendlichen), Sexhandel, Prostitution und Organisierte Kriminalität, also Zwangsarbeit, Drogenschmuggel, Entführung, Bestechung, Brandstiftung, Justizbehinderung. Combs drohen 15 Jahre Haft, wenn nicht lebenslang. Er hat auf nicht schuldig plädiert.

Im Detail klingt das so: Seit 2008, womöglich auch früher, habe Combs organisierten sexuellen Missbrauch von Frauen betrieben. Bei mehrtägigen Sexorgien („Freak-Offs“) in seinen Villen oder auch in Hotelsuiten seien Frauen – mitunter auch Männer – mit Drogen gefügig gemacht worden. Wer sich widersetzt habe, sei bedroht, geschlagen und mit kompromittierenden Videos erpresst worden.

Plattenvertrag gegen Vergewaltigung

Auch bei anderen Gelegenheiten sollen Verbrechen geschehen sein. Opfer-Anwalt Tony Buzbee schilderte den Fall eines Neunjährigen, der bei einem Vorsingen für Combs’ Plattenlabel Bad Boy Records im Studio „mutmaßlich von Sean Combs und mehreren anderen Menschen sexuell missbraucht worden“ sei. Dem Buben und dessen Eltern sei ein Plattenvertrag versprochen worden.

Bei den „Freak-Offs“ waren auch Prominente anwesend. Die Anwaltskanzlei, die die 120 mutmaßlichen Opfer (darunter 25 Minderjährige) vertritt, hat nun angekündigt, auch gegen Stars aus Combs’ Umfeld vorgehen zu wollen. „Viele Menschen haben dieses Treiben beobachtet, viele Menschen haben es zugelassen, nichts gesagt, nicht eingegriffen, vielleicht sogar davon profitiert“, sagte Buzbee.

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Namen wollte er vorerst nicht nennen. Manche Personen sind aber ohnehin bereits mit der Affäre verquickt. Medien vermuten etwa, dass Justin Bieber ein Opfer von Combs’ Vorgehen gewesen sein könnte. Der Popstar verbrachte als 15-Jähriger einige Tage alleine bei dem Rapper, der sich als sein Mentor gerierte. Jennifer Lopez, zu der Zeit liiert mit Combs, wurde bereits einmal, 1999, zusammen mit ihm nach einer Nachtclub-Schießerei festgenommen. Lopez wurde gleich auf freien Fuß gesetzt, gegen den Musikproduzenten wurde Anklage wegen illegalen Waffenbesitzes und Bestechung erhoben. Er wurde damals freigesprochen.

„Komische Sachen“

Die Musikmanagerin Eva Ries war lange für die Geschicke des Wu Tang Clans zuständig und hat Einblick in die Rap-Szene. In einem Interview mit dem Spiegel sagte sie, dass sie Combs’ Verhaftung nicht gewundert habe. Man habe mitgekriegt, dass „da komische Sachen laufen“.

Ries vergleicht den Rap-Mogul mit Harvey Weinstein. Mit jemandem, der Stars machen konnte, dem Entdecker von Mary J. Blige, Usher, Notorious B.I.G., legte man sich in Prä-MeToo-Zeiten nun einmal nicht an. Nun hat sich das Blatt gewendet. Verschiedene Musiker haben Erwähnungen von Combs aus ihren Songs getilgt, etwa Kesha und Joe Jonas. Mit den Fitnessrädern von Peloton kann man nicht mehr zu Combs’ Musik trainieren – sie wurde aus dem Katalog entfernt.

Gangsta-Rap salonfähig

Die Karriere von Sean Combs fußte freilich immer zu einem gewissen Grad auch im Kriminal. Obwohl er etwa mit seinem Label-Musiker Notorious B.I.G. indirekt in einen der großen Rap-Kriege (der sowohl B.I.G. als auch Kontrahent Tupac Shakur das Leben kostete) involviert war, warf das keine …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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