Beinschab-Tool: Drei Jahre nach Razzia wartet WKStA noch immer auf Daten

Politik

Das Oberlandesgericht entschied, dass Inseratengeschäfte nicht unters Redaktionsgeheimnis fallen. Jetzt läuft die Sichtung.

Es war eine Aktion, die ein politisches Beben ausgelöst hat: Im Bundeskanzleramt, in der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse, im Finanzministerium und bei der Mediengruppe Österreich fanden am 6. Oktober 2021 Hausdurchsuchungen statt. Drei Tage danach trat Sebastian Kurz als Bundeskanzler und in weiterer Folge auch als ÖVP-Chef zurück.

Der Verdacht: Das Boulevardblatt soll frisierte Umfragen (Stichwort Beinschab-Tool) veröffentlicht haben, die Kurz bei seinem Aufstieg genützt haben sollen. Im Gegenzug soll das ÖVP-geführte Finanzministerium mit dem damaligen Generalsekretär Thomas Schmid großzügig Inserate geschaltet haben.

Drei Jahre später steht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit ihren Ermittlungen noch am Anfang. 

Der Grund: Sie hat bis dato keinen nennenswerten Einblick in die Daten, die bei der Mediengruppe sichergestellt wurden. Aber das dürfte sich bald ändern. Dem KURIER liegt ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom April vor, der dazu führen dürfte, dass die WKStA einen Teil vorgelegt bekommt.

Redaktion und Inserate

Wie kam’s dazu? Die Daten wurden gleich nach der Sicherstellung versiegelt und dem Landesgericht zur Sichtung vorgelegt. Eine Kernfrage lautete dabei: Deckt das Redaktionsgeheimnis, auf das sich Journalisten zum Schutz ihrer Quellen berufen können, auch Inseratengeschäfte ab?

Das Landesgericht sagte „Ja“, das Oberlandesgericht als zweite Instanz „Nein“. 

Im Beschluss heißt es, es brauche „zwingend einen Zusammenhang zur redaktionellen Arbeit, rein kommerzielle Geschäftsgeheimnisse sind im Rahmen des Redaktionsgeheimnisses nicht geschützt“.

Die Ansicht des Erstgerichts, wonach ein „Mindestzusammenhang zur Tätigkeit der Presse bestehen soll“, überzeugt die zweite Instanz nicht. „Im Gegenteil“, heißt es weiter. 

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An dieser Stelle fällt dem Beschuldigten Wolfgang Fellner ein Argument auf den Kopf, das er zu seiner Entlastung vorgebracht hat: Den Vorwurf, dass sich die ÖVP mit Inseraten positive Berichterstattung für den damaligen Aufsteiger Kurz gekauft hätte, wies der Herausgeber zurück.

Oberlandesgericht zitiert Beschuldigten wörtlich

Fellner gab an (und das Oberlandesgericht zitiert ihn im Beschluss wörtlich), dass es „keinerlei Zusammenhang zwischen der redaktionellen Berichterstattung und Inseraten-Schaltungen“ gebe. Redaktion und Anzeigenverkauf seien – „wie bei Medien üblich“ – sowohl inhaltlich und personell als auch räumlich „strikt voneinander getrennt“, redaktionelle Inhalte würden „völlig unabhängig von etwaigen Inseraten-Buchungen verfasst“. 

Fazit: Wenn das stimmt, dann können Inseratenangelegenheiten nicht unters Redaktionsgeheimnis fallen.

Zudem habe sich die Durchsuchung auf Räumlichkeiten der Geschäftsführung und des kaufmännischen Bereichs beschränkt. Räume, die ausschließlich der redaktionellen Tätigkeit von Journalisten gewidmet sind, seien „ausdrücklich nicht umfasst“ gewesen, heißt es im Beschluss.

Der Beschwerde der WKStA wurde im April Folge gegeben, jetzt ist wieder das Landesgericht am Zug. Eine Sprecherin sagt auf KURIER-Anfrage, die Sichtung der Daten laufe noch. Wie lange es diesmal dauert und ob sich die Mediengruppe dagegen wehrt, ist offen.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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