Der Bildhauer poppt in einer Sonderedition im weltweit größten Bonusmeilen-System Miles & More auf. Albertina-Chef Schröder über Werke für „kleine Börsen“.
Er ist einer der international gefragtesten österreichischen Künstler, wenn nicht überhaupt die Nummer eins. Seine Werke sind in mehr als 100 Museen ausgestellt, vom New Yorker Museum of Modern Art bis zur Tate London.
Die Albertina widmet ihm zur Zeit eine große Retrospektive zu seinem 70er. Seit wenigen Tagen stehen auch zwei seiner Skulpturen im Parlament, der KURIER berichtete.
Bei der Vermarktung geht Erwin Wurm, der wiederholt betonte, Kunst sei generell zu billig, jetzt auch einen unkonventionellen Weg.
Der Kunst-Star poppt seit Kurzem mit einer Sonder-Edition im Webshop von Miles & More auf. Das Meilen-Sammelsystem des Lufthansa-Konzerns, zu dem auch die AUA gehört, ist das weltweit größte Airline-Bonusprogramm, mit 36,6 Millionen Kunden.
Wurm wird dort als „unkonventionell und einzigartig“ angepriesen, viele seiner Motive seien zu „Ikonen der zeitgenössischen Kunst“ geworden. Stimmt alles, aber Österreichs Top-Künstler als Meilen-Schnäppchen zwischen Trolleys, Rotwein, Decken, TV-Geräten und Kaffeebechern?
Der Webshop von Miles & More ist ein riesiger Bauchladen. Meilenguthaben abzufliegen ist angesichts der knappen Verfügbarkeit an Sitzplätzen oft schwer möglich. Daher sollen die Kunden ihre Meilen beim Online-Shopping ausgeben. Die Lufthansa macht mit Miles & More ein gutes Geschäft, 142 Millionen Euro Gewinn in den vergangenen drei Jahren.
Screenshot/geuer-art-and-miles.shop
Die 65 Zentimeter hohe Editionsskulptur „Double Hold“, Aluminium sandgestrahlt, Auflage 25 Stück, wird um 21.000 Euro angeboten, plus 105.000 Flugmeilen. Für schnell Entschlossene gab’s einen „exklusiven Ausgabepreis“ von 18.000 Euro.
Anlass der Edition ist eine Wurm-Ausstellung in der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig, die noch bis 24. November läuft. Das Museum habe sich für den Weg über Miles & More entschieden, erklärt Wurm gegenüber dem KURIER. So könnten Leute erreicht werden, „die keine große Arbeit kaufen können und keinen Zugang zu Galerien haben“, sagt Wurm. Viele Künstler würden Editionen machen, Wurm verweist beispielsweise auf Jeff Koons. Für Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder ist ein Flugmeilenprogramm „kein ungewöhnlicher Schritt. Unorthodoxe Vertriebswege sind eine Möglichkeit, viele Menschen zu erreichen, die nicht den Weg in Museen oder Galerien finden.“
Kurier/Juerg Christandl
Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder
Helnwein in der Trafik
Die Frage sei, wie an Menschen herankommen, „die offen sind für Kunst, aber nicht in Museen gehen wollen“. Es gehe um „Werke für die kleine Börse und um einen niederschwelligen Zugang. Darum, finanzielle und psychologische Barrieren abzubauen.“
Aber gleich ein Sonderangebot im Meilenshop?
Die „Würde der Kunst“ gebe es nicht, argumentiert Schröder. Im Gegenteil, „die Demolierung der Kunst war das wichtigste Anliegen der Künstler im 20. Jahrhundert“. Einige der weltweit berühmtesten Künstler etwa würden immer wieder mit Modelabels zusammenarbeiten, „eine von einem Künstler gestaltete Tasche ist immer noch wesentlich billiger als das Kunstwerk selbst“.
Der Albertina-Chef erinnert an die Anfänge von Gottfried Helnwein. „Er hat in den 1970er-Jahren seine Bücher in Tabak-Trafiken vertrieben und konnte Hunderttausende Exemplare verkaufen.“ Erstmals gab es ein Kunstbuch in Österreich mit „hoher Auflage zu einem günstigen Preis – und Helnwein ist berühmt geworden“.
Dass sich Künstler heute mit preisgünstigen Editionen ihren Marktwert ruinieren, schließt Schröder aus. Kunstfreunde erinnern sich freilich noch an Ernst Fuchs oder Friedensreich Hundertwasser, die mit Druckgrafiken in …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft