Interview mit Florentina Holzinger über „Mond“: Keine Actionheldin

Kultur

Die Performance-Künstlerin und Choreografin Florentina Holzinger („Sancta“) über ihre erste Filmrolle als Kampfsporttrainerin in Kurdwin Ayubs Film „Mond“ (jetzt im Kino) – und Fundamentalismus

Florentina Holzinger trägt ein weißes T-Shirt, auf dem in schwarzen Buchstaben zu lesen steht: „In der Oper gewesen, gekotzt.“ Der Ausspruch stammt von einem Redakteur der FAZ, der in der Abwandlung eines Kafka-Zitats die heftigen Publikumsreaktionen auf Holzingers Oper „Sancta“ während einer Aufführung in Stuttgart beschrieb.

Voraussichtlich keinen Skandal wird die für ihre provokanten Inszenierungen bekannte Choreografin und Performance-Künstlerin mit ihrer ersten, eindrucksvoll gespielten Filmrolle hervorrufen. In Kurdwin Ayubs Thriller-Drama „Mond“ (derzeit im Kino) verkörpert Florentina Holzinger – selbst Kampfsport erprobt – eine Mixed-Martial-Arts-Kämpferin namens Sarah, die von einem reichen Jordanier engagiert wird, um seine Schwestern zu trainieren. Einmal in Amman angekommen, bemerkt sie bald, dass die drei jungen Frauen wie in einem goldenen Käfig gefangen gehalten werden, keinen Zugang zum Internet haben und nie ohne Leibwächter ihr luxuriöses Domizil verlassen dürfen.

Als eines der Mädchen sie um Hilfe bittet, beschließt Sarah, zu handeln: „Das war natürlich beim Lesen meine große Projektion: Dass ich eine extreme Actionheldin spiele“, sagt Florentina Holzinger im KURIER-Gespräch und lacht: „Aber im Endeffekt ist Sarah eher eine Art Anti-Heldin, weil sie in dem reichen Haushalt in eine Art von Passivität verfällt und nicht weiß, wie sie mit der Situation dort umgehen soll. Wir wissen nicht genau, wie die Sache im Endeffekt ausgeht. Aber in jedem Fall ist es keine glorreiche Heldensaga.“

  Mit Verena Titze "erfolgreich ins Burnout"

Viennale/Roland Ferrigato

Florentina Holzinger: „In prekären Situationen zu Hause“

Wie Urlaub

Heldin oder nicht, ihre erste Filmrolle ist der 38-jährigen Wienerin leicht gefallen. Glaubt man Regisseurin Kurdwin Ayub, war für Holzinger der Dreh in Jordanien wie Urlaub. Tatsächlich fand sie es entspannend, einmal nicht, wie sonst bei den eigenen Inszenierungen üblich, für alles verantwortlich zu sein: „Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mich auf das Kampfsporttraining fokussieren zu können und nicht an 50.000 anderen Projekten gleichzeitig zu arbeiten.“ Zudem kam ihr Ayubs improvisierte Art des Filmdrehens entgegen, „weil die Schauspielerinnen nicht allzu viel Text auswendig lernen müssen. Ich musste einfach in den Szenen, die die Regisseurin gebastelt hat, präsent sein und mit Situationen in dem Moment umgehen, in dem ich mit ihnen konfrontiert wurde.“ Um das Zusammenspiel möglichst authentisch zu gestalten, sollten sich die „Trainerin“ und ihre „Schülerinnen“ vor Drehstart nicht kennenlernen – „deswegen mussten wir beim Sightseeing aufpassen, dass wir uns in der Wüste nicht vor einer Höhle begegnen“, grinst Holzinger: „Ich habe die anderen Schauspielerinnen das erste Mal vor der Kamera getroffen.“

Viennale/Roland Ferrigato

Spiel mit den Klischees: Regisseurin Kurdwin Ayub

Jordanien selbst hat sie als „sehr liberal“ empfunden: „Dort gibt es auch Subkulturen und Techno-Clubs wie hier.“ Doch bevor  Sarah ihre Reise dorthin  antritt, wird sie von ihren Freunden in Österreich  vor dem dort mutmaßlichen Kopftuchzwang gewarnt. Tatsächlich führt „Mond“ auf den ersten Blick direkt in das Klischee von der unterdrückten muslimischen Frau. Bevor Sarah ihre Reise nach Jordanien antritt, wird sie von ihren Freunden in Österreich umgehend vor dem dort mutmaßlichen Kopftuchzwang gewarnt. Tatsächlich führt „Mond“ auf den ersten Blick direkt in das Klischee von …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

(Visited 2 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.