Der neue Post-Chef über nötige Reformen der künftigen Regierung, seine Pläne für 2025 und den engen Arbeitsmarkt.
KURIER: Sie haben unlängst eine Kartellstrafe über 9,2 Millionen Euro ausgefasst. Ist die Post doch nicht so ein braves, harmloses Unternehmen, wie man von außen oft glaubt?
Walter Oblin: Diese Geldbuße haben wir zu akzeptieren. Es handelt sich um eine Geschichte aus der Vergangenheit, die lange zurück liegt. Wir haben damals im guten Glauben auf Praktiken in anderen EU-Ländern und teils auch EuGH-Urteilen gehandelt. Vor drei Jahren hat der OGH in Österreich die Rechtslage bei der Differenzierung von Rabattschemata anders beurteilt. Nachdem das ausjudiziert war, haben wir das sofort saniert und auch mit der Wettbewerbsbehörde kooperiert. Das Geld war auch längst rückgestellt, das ist erledigt. Wir schauen in die Zukunft.
Apropos Zukunft: Die künftige Regierung startet ja mit einem gehörigen Budgetproblem. Würden Sie eine Privatisierung der Post befürworten oder dagegen halten, so gut es geht?
Der Privatisierungsschritt 2006 war für die Post sehr wichtig. Wir wären heute bestimmt nicht so ein gesundes und erfolgreiches Unternehmen, wären wir noch zu 100 Prozent im Staatsbesitz. Gleichzeitig schätzen wir die ÖBAG als stabilen Kernaktionär. Ob das jetzt 52 Prozent sein müssen oder ob es auch ein geringerer Staatsanteil sein kann, ist eine Eigentümer-Entscheidung. Aber ich sehe derzeit keine Partei, die Privatisierungen auf der Agenda hat.
Wir erleben heuer das zweite Rezessionsjahr, 2025 ist auch kein echter Aufschwung in Sicht. Wie sehr spürt das die Post?
Wir sind Gott sei Dank nicht besonders konjunktursensitiv. Uns bewegen vor allem zwei Megatrends. Die Digitalisierung der Kommunikation, die dazu führt, dass das Briefgeschäft rückläufig ist. Und die Digitalisierung des Handels, die dazu führt, dass die Paketvolumina wachsen. Da versuchen wir uns in einem beinharten Wettbewerb erfolgreich zu behaupten, was auch gelingt. Diese Trends überwiegen und auch in den großen Krisen der vergangenen 15 Jahre – Finanzkrise, Pandemie, Inflation, Ukraine-Krieg – konnten wir zeigen, dass wir in schwierigen Zeiten ein stabiles Geschäftsmodell haben.
Sie wünschen sich eine Regierung, die große Reformen angeht, welche?
Um zwei Beispiele zu nennen, die für uns als Unternehmen besonders wichtig sind. Zum einen braucht es eine strukturelle Arbeitsmarktreform. Wir haben einen Arbeits- und Fachkräftemangel, der sich durch den demografischen Wandel auch noch zuspitzen wird. Es braucht Maßnahmen, die Leistung und Arbeit wieder attraktiver machen. Ich denke an den Unterschied zwischen Arbeitseinkommen und arbeitsfreiem Einkommen, den Schritt von der Teilzeit zur Vollzeit oder Anreize für längeres Arbeiten im Alter. Und es braucht den kontrollierten Zuzug in den Arbeitsmarkt, idealerweise auch am hoch qualifizierten Ende.
Und das zweite Beispiel? Mir scheint ein Zurückdrehen der Überregulierung besonders wichtig. Da kommt sehr viel aus Brüssel, da wird aber in Österreich noch einiges drauf gelegt, vergoldet, und von Behörden noch dazu intensiv ausgelegt. Die Themen Wirtschaftsfreundlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes müssen wieder wesentlich mehr Beachtung bekommen.
Ihr Vorgänger hat einmal gesagt, unsere internationalen Wettbewerber lachen sich schief über die Regulierungswut in Europa …
Auf Englisch gibt es den Ausspruch: America innovates, China replicates, Europe regulates. Das trifft es ganz gut, wenn man beispielsweise an den Datenschutz denkt. Wir haben uns da aus …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft