Ab wann schlägt Meinungsäußerung in Diskriminierung über? Neues Tool klärt auf

Wirtschaft

Ab wann etwas als Diskriminierung oder sexuelle Belästigung gilt und wie sich Mitarbeiter und Arbeitgeber im Ernstfall verhalten müssen, verrät ein neues Lern-Tool.

Ab wann gilt etwas als sexuelle Belästigung oder Diskriminierung? Welche Handlungsmöglichkeiten haben Zeugen, Betroffene und Arbeitgeber? Und wann ist etwas noch freie Meinungsäußerung oder verletzt das Gleichbehandlungsgesetz? Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu geben, brachte die Gleichbehandlungsanwaltschaft gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für Diversität des BMKÖS eine neue, kostenlose E-Learning-Plattform heraus. Sie soll Diskriminierung am Arbeitsplatz vorbeugen. Wie das geht, erklärt Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

KURIER: Ihre neue E-Learning-Plattform soll Diskriminierung am Arbeitsplatz vorbeugen. Welche Punkte werden darin vermittelt?

Sandra Konstatzky: Es geht um die Sensibilisierung, wie sich Diskriminierung am Arbeitsplatz erkennen lässt, und um Handlungsoptionen aus verschiedenen Perspektiven. Ich kann mich auf der Plattform als betroffene Person, als Zeuge oder Zeugin oder auch als Führungskraft informieren und erfahren, was ich im Diskriminierungsfall tun kann. Das E-Learning-Tool hat eine sehr breite Zugänglichkeit, ist kostenfrei und niederschwellig. Und es gibt auch eine Teilnahmebestätigung, was in Hinblick auf ESG-Reportings wertvoll sein könnte.

Wo gibt es noch besonders viel Aufholbedarf in den Unternehmen?

In allen Bereichen. Aber wenn sich Firmen an uns wenden, dann hauptsächlich zu zwei Bereichen: Welche Arten von Diskriminierung im Arbeitsleben verboten sind und was konkret bei sexueller Belästigung zu tun ist. Unser Fokus liegt dabei auf den Fürsorgepflichten, die Arbeitgeber haben und die Führungskräfte kennen müssen.

War die Nachfrage so groß, dass es jetzt ein E-Learning-Angebot braucht?

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Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat die Aufgabe der proaktiven Arbeit, wir sind aber dahingehend noch überhaupt nicht ausgebaut. Wir müssen derzeit jede vierte Anfrage zu Schulungen absagen und fokussieren aus diesem Grund aktuell auf Führungskräfte. Deshalb möchten wir eine digitale Grundschulung für Mitarbeiter anbieten, die wir jetzt noch nicht erreichen können. Privatwirtschaftliche Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten in Österreich sind Arbeitgeber für mehr als 1,9 Millionen Menschen. Rechnet man den öffentlichen Dienst dazu, sind das auch 135.500 Beschäftigte mehr.

Die Gesamtschulungsdauer liegt bei 30 Minuten. Wo erwarten Sie bei den Nutzern die größten Aha-Momente?

Beim Unterschied zwischen Diskriminierung und freier Meinungsäußerung. Vielen ist nicht bewusst, dass manches rechtlich verboten ist, insbesondere Betroffenen. Wir kennen das aus dem Rassismus- oder Sexismus Bereich, dass Betroffene sehr viel akzeptieren, glauben, nichts dagegen machen zu können. Vielen Betroffenen ist aber schon geholfen, wenn sie wissen, dass das Recht auf ihrer Seite ist.

Wo wird schneller diskriminiert? Im Team untereinander oder von der Führungskraft ausgehend?

Es ist fatal, zu glauben, dass Diskriminierung immer nur aus der Hierarchieebene heraus passiert. Sie kann sogar von unten nach oben kommen. Das ist uns bei weiblichen Führungskräften aufgefallen, die von Mitarbeitern sexuell belästigt werden. Da sticht manchmal sogar Geschlecht die Hierarchie. Diskriminierende Haltungen finden sich überall in Unternehmen. Das Gleichbehandlungsgesetz aber gibt einen Kodex vor, der im Arbeitsleben zu gelten hat. Ob ich diese Haltung teile oder nicht, ist irrelevant.

Informative Links:

Das E-Learning-Tool findet sich auf der Website der Gleichbehandlungsanwaltschaft

Am 5. Dezember lädt die Gleichbehandlungsanwaltschaft zu einem Vernetzungstreffen für Diversitäts- und Gleichbehandlungsbeauftragte

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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