Der Journalist Elliot Mintz erinnert sich an seine Freundschaft und seine Gespräche mit John Lennon und Yoko Ono. Über einen Zeitraum von fast zehn Jahren telefonierten sie täglich miteinander.
Elliot Mintz beherrscht eine Kunst, die vom Aussterben bedroht ist. Er kann stundenlang zuhören, geduldig den Gedanken und Verwirrungen seiner Gesprächspartner lauschen – auch wenn die um vier Uhr in der Früh anrufen, weil sie betrunken sind, verlassen wurden und jemanden zum Reden bzw. Zuhören brauchen. Elliot Mintz wurde aber nicht von irgendjemandem angerufen, sondern von Yoko Ono und John Lennon. Mintz war ihr Telefonjoker, der Seelsorger, den die beiden mit Befindlichkeiten und Problemen bombardierten.
Mintz hörte nicht nur geduldig zu, sondern hatte natürlich auch den einen oder anderen Tipp parat. Um exklusiv und 24/7 für Yoko und John da sein zu können, richtetet er eine eigene John-und-Yoko-Hotline ein: Immer dann, wenn einer der beiden diese Nummer wählte, begann ein rotes Licht in Mintz’ Schlafzimmer zu blinken.
So auch an einem Novembermorgen im Jahr 1972. „Ich nahm ab. ,Ellie, ich hab’s vergeigt‘, war das Erste, was John sagte. ,Wieso?‘, fragte ich benommen. ,Was hast du angestellt?‘ – ,Gestern Abend waren wir bei dieser Party‘, berichtete er – ,und ich war voll. Und da war so ein Mädchen …‘“
Den Rest der Geschichte schildert Mintz in seinem kürzlich veröffentlichten Buch „We All Shine On – John, Yoko und ich“ (Rowohlt) detailreich. Mit diesem „Mädchen“ hatte Lennon an diesem Abend „lauten, heftigen Sex“, was seine Frau Yoko Ono im Nebenzimmer mitangehört hat. Sie blieb, verließ die Party nicht. Lennons Ausrede am Tag danach war der Alkohol, den er aus Frust über die Wiederwahl von Richard Nixon getrunken hatte. Einerseits. Andererseits: „So was passiert. Ein Kerl betrügt seine Frau … wenn ich nicht berühmt wär, würde das niemand kümmern.“ Diese Aussage lässt den Ex-Beatle in keinem guten Licht erscheinen. Und Yoko? Sie war zwar niedergeschlagen, verletzt, aber verzieh ihm. Es war nicht der letzte Seitensprung Lennons …
RowohltIllustre Nachbarn
Mintz’ Erinnerungen an seine Freundschaft mit John Lennon und Yoko Ono liefern Geschichten über diverse Ereignisse im Amerika der 70er- und frühen 80er-Jahre. Es sind Einblicke in die Beziehungsdramen des Paares, die damals Klatschspalten von Zeitungen füllten.
Und es sind auch noch die Memoiren des 1945 in New York geborenen Mintz, der kurz vor seinem Highschool-Abschluss beschloss, seinem Vater seine beruflichen Pläne mitzuteilen: „Ich habe mich fürs Radio entschieden.“ Dafür musste er Anfang der 1970er-Jahre ans andere Ende der USA ziehen – nach Laurel Canyon in Kalifornien.
„Es war ein ländlicher Zufluchtsort, und in der Luft hing der beruhigende Duft von Jasmin (und oft auch von Marihuana). Die Miete war leistbar. Man hatte seine Ruhe. Hier zu leben, hatte viele Vorteile“, erinnert sich Mintz. Es war ein Ort, an dem es viel Kreativität gab. Und Musik, „die fast zu jeder Zeit aus den offenen Fenstern der Häuser und Cottages wehte. Und zwar nicht irgendwelche Musik, sondern aufregende neue Sounds, engelsgleiche Harmonien und funkige Folk-Riffs. Als ich die ersten Bewohner des Viertels – Leute wie Joni Mitchell, Linda Ronstadt, Carole King, David Crosby und …read more
Source:: Kurier.at – Kultur