Trenklers Tratsch: Herbert Föttingers „erratischer Führungsstil“

Kultur

„Machtmissbrauch“: Der Stiftungsvorstand reagierte erst nach einem Medienbericht. Betroffenenanwalt Wolfgang Renzl bestätigt alle Vorkommnisse

Wenn Herbert Föttinger sich in Rage redet, kommt er seinem Gegenüber gerne nah. Er verletzt – um es positiv zu formulieren: im Übereifer – jeden Distanzraum. Das hat auch Ihr Tratschpartner erlebt. Aber er konnte es mit Humor nehmen. Zumal er vom Direktor des Josefstädter Theaters nicht abhängig ist. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun sich hingegen schwer. Sie leiden seit Jahren unter dem Führungsstil.

Nein, nicht alle. Viele haben sich an den herben Ton gewöhnt, sich arrangiert. Und sie schätzen den Zusammenhalt. Denn die Josefstadt: Das ist eine Familie. Das Volkstheater wird von der Kulturpolitik gehätschelt, die wohlbestallte Burg spielt in einer anderen Liga, und in der oft unter ihrem Wert geschlagenen, eher selten für Nestroys nominierten Josefstadt trotzt man allen widrigen Umständen. Gemeinsam.

Mehrheit im Rücken

Ja, in der Josefstadt wird die Familie beschworen. Anderswo gibt es eine hohe Fluktuation, da haut der neue Direktor zwei Drittel des Ensembles raus, um genügend Vertraute in Stellung bringen zu können. Mit einer satten Mehrheit im Rücken braucht man keine Revolte zu fürchten. Die Josefstadt ist anders: Da gibt es Kontinuität und Sicherheit. Sie sind ein gutes Fundament. Und über die Familie lässt man nichts kommen. Was am Tisch gesagt wird, bleibt am Tisch.

So regiert Föttinger, in der Josefstadt groß geworden, als „einer von uns“ seit bald zwei Jahrzehnten. Ohne, dass dessen Verhalten groß thematisiert worden wäre. Man schluckte auch, dass der Direktor mehrfach seine Frau, eine Schauspielerin, mit einer Regie beauftragte. Einerseits, weil die Vertrauten jedes Aufmucken im Keim erstickten. Andererseits, weil man nicht seinen Job riskieren wollte.

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Denn statt Pragmatisierungen gibt es Jahresverträge. Und woanders wieder ein festes Engagement zu bekommen, ist verdammt schwer. Der Machtapparat (manche fühlen sich an einen Polizeistaat samt Spitzelwesen erinnert) sorgt dafür, dass man kuscht. Aber dann kulminierte es doch: Anonym meldeten sich im Standard vornehmlich Personen zu Wort, die das Theater verlassen hatten. Von einer „permanenten Angststimmung“ war zu lesen.

Die erwähnten Vorkommnisse schienen eher harmlos. Was die Kulturpolitik, die eigentlich nicht mit der Theaterleitung unter einer Decke stecken, sondern diese kontrollieren sollte, aufatmen ließ. Thomas Drozda, Vorsitzender des Josefstadt-Stiftungsvorstands, gab am 12. September, unmittelbar nach Erscheinen des Artikels, bekannt, „dass kein einzig strafrechtlich relevanter Vorwurf vorliegt“. Dennoch sei eine „lückenlose Untersuchung“ eingeleitet worden: Drozda, ehemaliger Geschäftsführer der Burg und später SPÖ-Kulturminister, beauftragte die ihm gut bekannte Rechtsanwaltskanzlei Dorda. Das Personal der Josefstadt wurde ermutigt, Eingaben zu machen.

System der Angst

Die Allianz Dorda-Drozda ließ jedoch manche befürchten, dass der Bericht dazu dienen könnte, Herbert Föttinger zu entlasten. Es keimte die Angst, dass jede Aussage, wiewohl anonymisiert, gegen mutmaßliche Nestbeschmutzer verwendet werde. Denn: Nichts verlässt den Tisch!

Das Unbehagen war nicht unbegründet. Denn drei Tage später, am 15. September, stellte sich die Ensemblevertretung in einer Presseerklärung hinter den Direktor, der ein „aufopfernder und leidenschaftlicher Theatermensch“ sei: „Die Pauschalverurteilungen, es gebe eine ,Kultur der Angst‘ und ein ,System der Angst‘ weisen wir zurück.“

Die Ensemblevertretung gibt es erst seit Mitte März dieses Jahres. Sie war in Hinblick auf die Suche einer Nachfolge für …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

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