Kammerspiele: Miss Scrooge“, die Überarbeitung von Charles Dickens „A Christmas Carol“ ist ein großer Spaß mit Tiefgang.
Am Ende, noch knapp zwei Stunden Spielzeit inklusive Pause, gibt es den ganz großen Jubel und stehend gespendeten Applaus. Keine Frage, dem Theater in der Josefstadt ist mit „Miss Scrooge“ etwas gelungen. Nämlich ein weihnachtliches Wohlfühlstück für die ganze Familie, das auch kritische Töne nicht vermeidet. Wobei das Wohlfühlen dominiert.
Sozialkritisch
Basis des Stücks ist Charles Dickens’ berühmte Weihnachtsgeschichte „A Christmas Carol“ aus dem Jahr 1943, mit der Dickens die sozialen Zustände im England des beginnenden industriellen Zeitalters anprangerte. Im Mittelpunkt steht der geizige, menschenfeindliche Geschäftsmann Ebenezer Scrooge, der Besuch von vier Geistern erhält, was ihn dazu bringt, sein Leben grundlegend zu ändern.
Astrid Knie
Regisseur Werner Sobotka und Niklas Doddo haben die Geschichte für die Kammerspiele grundlegend umgeschrieben und ein sehr geschmeidiges Familienstück daraus gemacht. Das Stück spielt jetzt 1965. Hier ist ein kleiner Fehler zu bemerken: Eine Figur singt eine Zeile aus „All You Need Is Love“ von den Beatles – das Lied wurde aber erst 1967 geschrieben. Wurscht.
Aus Ebenezer Scrooge wurde eine Ebenita. Sie sieht aus wie Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada“. Die Bühne (Judith Leikauf und Karl Fehringer) zeigt ein Büro – die Einrichtung signalisiert: Sechzigerjahre.
Es ist Weihnachtsabend. Scrooge, Besitzerin eines Warenhauses, hat wenig Verständnis für die weihnachtlichen Gefühle ihrer Mitarbeiter und kündigt Angestellte. Schließlich alleine geblieben, fällt sie in tiefen Schlaf – und erhält Besuch von ihrem verstorbenen Kompagnon.
Astrid Knie
Drei weitere Geister erscheinen. Sie führen Scrooge zuerst in die Vergangenheit, zeigen ihr das fröhliche Mädchen, das sie einst war, und die junge Frau, die sich verliebt hat, bevor der berufliche Ehrgeiz und die finanzielle Gier die Gefühle in ihr langsam erstickt haben.
Schließlich landen wir bei „Jedermann“: Der Tod höchstpersönlich erscheint und zeigt Scrooge ihre Todesnacht. Anders als bei Hofmannsthal erhält sie aber eine zweite Chance: Scrooge ändert sich und legt den Menschenfreund in sich frei.
Spaß
Das ganze Ensemble hat – nach einem etwas nervösen Beginn – sichtlich einen Riesenspaß am Spielen. Maria Köstlinger gibt Ebenita Scrooge und schafft es, die Figur ebenso komisch wie tiefgründig zu zeichnen. Martina Stilp spielt gekonnt als Scrooges Chefsekretärin und in anderen Rollen. Susanna Wiegand als Mitarbeiterin und ebenfalls in mehreren Rollen räumt Lacher ab. Paula Nocker berührt z. B. als junge Scrooge.
Ebenso gut in mehreren Rollen: Jakob Eisenwenger, André Pohl, Markus Kofler, Julian Valerio Rehrl, Markus Lipp und Paul Matić.
Die Bühne bietet wunderbare Verwandlungen, das Ganze ist ein großer Spaß mit ernstem Hintergrund.
Source:: Kurier.at – Kultur