Den Gemeindevertretern geht es beim Breitband-Ausbau um die „digitale Gleichberechtigung von Stadt und Land“.
Ist es gerechtfertigt, wenn die öffentliche Hand Breitband-Anschlüsse für einzelne Wohnhäuser mit bis zu 43.000 Euro fördert?
Genau diese Frage hat der KURIER kürzlich gestellt – und damit für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt (siehe hier).
Während Telekom-Konzerne die so genannte Breitband-Milliarde und das damit verbundene Förderprogramm der Bundesregierung seit langem hart kritisieren, verteidigt der Gemeindebund die bisweilen hochpreisigen Glasfaseranschlüsse.
„Es geht nicht nur um eine wichtige Zukunftsinvestition, sondern vor allem um die digitale Gleichberechtigung von Stadt und Land“, sagt Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl. Pressl stellt erst gar nicht in Zweifel, dass die Gemeinden für einzelne Haushalte mitunter mehrere tausend Euro an Anschlusskosten veranschlagen.
Als Beispiel gilt ihm die Gemeinde Ardagger im Bezirk Amstetten, Pressl ist hier Bürgermeister.
Kurier / Juerg Christandl14.000 Euro pro Anschluss
In Ardagger habe man 1.250 Hausanschlüsse für Nettokosten von rund sechs Millionen gebaut. „Das sind durchschnittliche Ausbaukosten von 4.800 Euro für einen Hausanschluss. An Fördermitteln erhielt die Gemeinde 1.500 bis 1.800 Euro pro Anschluss, natürlich sind auch Einzelanschlüsse mit Kosten von 12.000 bis 14.000 Euro dabei.“
Pressls Argument für die großzügige Förderung ist dieses: „Auch beim Bau von Wasserleitungen, Kanälen oder Güterwegen gibt es – wie bei der Glasfaser – am weiten Land höhere Kosten, weil die Wege oft länger und die Hindernisse schwieriger sind.“ Die Kabel-Verlegung sichere aber eine Besiedelung im ländlichen Raum für die nächsten Generationen. „Es geht uns um den Kampf gegen die Abwanderung.“
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Vor einem Förder- oder Investitionsstopp beim Glasfaser-Netz warnt auch der Branchenverband Open Fiber Austria (OFAA) .
„Die bestehenden Kupferkabelnetze und auch das mobile Netz sind irgendwann ausgereizt. In Schweden geht man längst dazu über, das Kupfernetz zu demontieren. Kupfer wird als Material anderweitig notwendiger gebraucht, zudem wird die Instandhaltung der langsamen Kupfernetze zunehmend teurer“, sagt OFAA-Verbandsvorsitzender Igor Brusic zum KURIER.
Der OFAA vertritt mehr als 210 heimische Telekom-Unternehmen. Dem Argument, dass selbst Haushalte, die das Internet massiv mit Streaming und anderen Dienstleistungen nutzen, derzeit keine Glasfaserverbindungen brauchen, kann Brusic wenig abgewinnen. „Dass die Geschwindigkeit jetzt – noch – ausreicht, sagt nichts darüber, welche Geschwindigkeiten und Datenmengen in Zukunft nötig sind bzw. anfallen.“
So sei das Verschicken hoch auflösenden Röntgenbilder oder die Arbeit von ferngesteuerten OP-Robotern auf extrem schnelle und stabile Datenleitungen angewiesen – derlei werde im Zeitalter der Tele-Medizin drastisch zunehmen.
Brusics stärkstes Argument, warum sich Österreich keinesfalls auf einen Bau-Stopp oder Verzögerungen beim Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur einlassen sollte, ist allerdings ein viel grundsätzlicheres: Letztlich sei es heute völlig unklar, welche technische Sprünge die Gesellschaft noch machen kann, wenn das Glasfasernetz erst einmal ausgebaut ist. „Als der elektrische Strom erfunden wurde, hat niemand vorhergesehen, dass es irgendwann Mikrowellen-Öfen oder strom-betriebene Autos geben wird. Als das Telefon erfunden wurde, hat niemand gewusst, dass wir einmal über Smartphones verfügen werden.“ Ganz ähnlich sei es nun mit dem Glasfasernetz. Dieses sei wie Straßen- und Kanalsysteme ein Teil der öffentlichen Infrastruktur, die langfristig die Gesellschaft zum Positiven verändere. „Ein leistungsfähiges Glasfasernetz wird das Internet völlig neu erfinden.“
Source:: Kurier.at – Politik