Neues Gesetz mit Spezialbehandlung für Politiker-Chats

Politik

Laut geplanter Reform von ÖVP und Grünen sollen Staatsanwaltschaften weiterhin Zugang zum gesamten Datenschatz haben. Für „clamorose“ Fälle gibt es aber eine Ausnahme.

Lang und intensiv wurde über die neuen Regeln zur Handysicherstellung verhandelt – doch eine zentrale Forderung von ÖVP und einigen Strafverteidigern ließ sich nicht durchsetzen: die „personelle Trennung“ bei der Aufbereitung der Daten.

Das Bestreben war, dass die Staatsanwaltschaften keinen Zugriff mehr auf den gesamten Datenschatz haben sollten. Ein forensisches Team sollte anhand einer Anordnung, die ein Richter genehmigt hat, „filtern“. Die Ermittler würden dann nur noch diesen gefilterten Teil zu sehen bekommen.

Naheliegend, dass dahinter eine Lehre aus der Causa Thomas Schmid steckt: Auf seinem Handy wurden bekanntlich etliche Zufallsfunde gemacht, die zu immer neuen Ermittlungen geführt haben. Möglich war das, weil die WKStA sämtliche 300.000 Chats hat und durchforsten kann.

Im vorliegenden Entwurf, auf den sich ÖVP und Grüne am Mittwoch geeinigt haben, ist diese „personelle Trennung“ nicht vorgesehen. Aber es gibt ein Schlupfloch.

„Besonderes öffentliches Interesse“

Und zwar wird bei der Erklärung, wie eine Aufbereitung abzulaufen hat, auf zwei andere Bestimmungen in der Strafprozessordnung hingewiesen. In der einen (§ 103) steht, dass die Staatsanwaltschaft auch selbst Ermittlungen durchführen oder durch Sachverständige durchführen lassen kann.

Das ist der Punkt, der den Staatsanwaltschaften wichtig war: Es steht damit fest, dass sie die „Herren des Verfahrens“ sind. Denn auch wenn in der Regel die Kriminalpolizei die Aufbereitung durchführen wird, können sie die Aufgabe jederzeit an sich ziehen.

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Allerdings steht in der anderen Bestimmung (§ 101), auf die hingewiesen wird: „Die Staatsanwaltschaft hat gerichtliche Beweisaufnahmen zu beantragen, wenn an solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht.“ 

Sprich: Wenn es um „clamorose Verfahren“ geht.

Und da wird es jetzt für die Strafverteidiger von Polit-Promis interessant.

Beispiel Kurz

Die Bestimmung gibt es schon länger – nur wird sie kaum genutzt, erklärt Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes. Sie erinnert an das Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Kurz wegen Falschaussage im Jahr 2021. Der Ex-Kanzler hat sich auf den § 101 berufen, weil er nicht von der WKStA, sondern einem Richter einvernommen werden wollte. Und so geschah es dann auch (nachzulesen hier). 

Jetzt könnte die Bestimmung „zu neuem Leben erweckt werden“, sagt Zerbes.

Wenn also in Zukunft das Handy eines Politikers oder hochrangigen Beamten wegen eines Korruptionsdelikts beschlagnahmt wird, könnte ein Richter für die Aufbereitung seiner Daten zuständig sein. Und der Wunsch vieler Promi-Strafverteidiger, den Datenschatz ihrer Mandanten von der WKStA fernzuhalten, wäre erfüllt.

Im Übrigen dürfte das kein Hoppala gewesen sein. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird noch einmal darauf hingewiesen, dass „die Aufbereitung von Daten durch das Gericht oder durch die Staatsanwaltschaft erfolgen kann“. Und weiter: „Der Verweis auf die besonderen Bestimmungen dient daher zur Klarstellung der Zuständigkeiten.“

Zurück zum VfGH?

Diese Option sorgt trotzdem nicht für Beruhigung in Strafverteidiger-Kreisen. In der Praxis betreffe sie ja nur einen sehr eingeschränkten Bereich, sagt etwa Strafverteidiger Johann Pauer.

Aus seiner Sicht ist den Ansprüchen des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) nicht entsprochen worden. Dieser hat dem Gesetzgeber aufgetragen, das öffentliche Interesse an der Aufklärung von Straftaten mit dem Schutz der Privatsphäre abzuwägen und entsprechend …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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