Koalitionsverhandlungen: Sorge um Liberalisierung des sozialen Wohnbaus

Politik

Sozialwohnungen könnten leichter zu Anlegerwohnungen gemacht werden, fürchtet man branchenintern. Bei der ÖVP beschwichtigt man.

Seit Donnerstag laufen in den diversen Untergruppen die ersten Koalitionsverhandlungen zu den einzelnen Themenfeldern. Demnächst sind auch Gespräche zum Thema Wohnbau an der Reihe.

Sie werden vor allem von der Branche der gemeinnützigen Bauvereinigungen mit Argusaugen verfolgt. Machten doch in den vergangenen Monaten Pläne die Runde, die im Wirtschaftsministerium bzw. in ÖVP-Kreisen gewälzt werden sollen. Sie – so die Befürchtung – könnten zu einer wesentlichen Aufweichung des sozialen Gedankens im gemeinnützigen Wohnbau führen. 

Anlegerwohnungen im Sozialbau

Da wäre zunächst das Thema Anlegerwohnungen. Schon eine Gesetzesnovelle im Jahr 2022 sorgte branchenintern für Unruhe. Deren Erläuterungen, so der Tenor, ließen sich dahingehend interpretieren, dass private Investoren leichter als bisher günstige Wohnungen in neu errichteten gemeinnützigen Wohnbau-Anlagen kaufen können, um sie dann teuer weiterzuvermieten. Auf Kosten von Menschen, die eine Sozialwohnung brauchen. 

Branchenintern fürchtet man nun, dass es im Rahmen der Regierungsverhandlungen weitere Lockerungen in diese Richtung geben könnte.

Das Thema ist längst auch ein Politikum. So äußerte bereits im September Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) in einem Schreiben an Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), das dem KURIER vorliegt, entsprechende Bedenken. Dass sich die ÖVP-geführten Landesregierungen in Niederösterreich und Salzburg in ihren Regierungsprogrammen explizit gegen solche spekulative Anlegerwohnungen aussprechen, „sollte der Bundesregierung […] ein klares Signal sein“, heißt es darin. 

Kommunale Bauprojekte 

Ein zweites Thema sorgt für Unruhe: An sich sind gemeinnützige Bauvereinigungen verpflichtet, überwiegend Wohnungen zu errichten. Nun kursieren Überlegungen, dass es ihnen leichter als bisher gemacht werden soll, auch kommunale Bauvorhaben – von Volksschulen über Gemeindeämter bis Pflegeeinrichtungen – durchzuführen. Bisher war dafür eine spezielle Genehmigung nötig. 

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Profitieren würden davon vor allem hochverschuldete Gemeinden. Denn Gemeinnützige könnten aufgrund steuerlicher Begünstigungen solche Infrastrukturprojekte etwas günstiger abwickeln als gewerbliche Bauträger. Doch auch dies würde zu Lasten des eigentlichen Zwecks – des sozialen Wohnbaus – gehen. Profitieren würden auch Banken, die oft Eigentümer von Wohnungsgenossenschaften sind und die Finanzierung der Kommunal-Projekte übernehmen würden.   

ÖVP um Beruhigung bemüht

Seitens der ÖVP versucht man, derartige Sorgen zu zerstreuen: „Die Anlegerwohnungen sind immer wieder ein Thema. Ich verstehe aber nicht, woher die Befürchtung kommt, dass es nun  zu Aufweichungen kommen soll“, sagt Wohnbausprecher Johann Singer. Vielmehr sei der gemeinnützige Wohnbau ein ganz wesentlicher Faktor, der nicht geschwächt werden soll. 

Singer verweist im Zusammenhang mit dem Kommunalbau durch Gemeinnützige auf zwei Positionen. Die einen würden strengere, die anderen lockerere Regeln befürworten. „Wichtig ist ein gutes Mittelmaß. Eine Änderung der bestehenden Regeln ist aber nicht geplant.“ 

In der Vergangenheit hatten sich Wirtschaftskammer und der Verband der Gemeinnützigen Bauvereinigungen gegen diese Liberalisierungen gestemmt. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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