„Bauernopfer“: Was an Christopher Drexlers Schuldzuweisungen dran ist

Politik

Politologen sehen keine Hinweise dafür, dass Van der Bellens Entschluss, Kickl nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wahlentscheidend war.

Es wäre alles anders gekommen, hätte Bundespräsident Alexander Van der Bellen FPÖ-Chef Herbert Kickl gemäß den Usancen als Wahlsieger mit der Regierungsbildung beauftragt. So zumindest lautet die die Erklärung des steirischen ÖVP-Landeshauptmanns Christoph Drexler für das historische Wahldesaster seiner Partei. Sich selbst sieht er demnach als das „Bauernopfer der Republik“.

Doch lassen sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür ausmachen, dass Drexlers Opferthese zutrifft? Der KURIER hat mit Experten gesprochen.  

„Von den Daten her gibt es dafür keinen Beleg“, lautet der nüchterne Befund des Politologen Peter Filzmaier. Denn: „Bei den Blauen war der Anteil jener Wähler, die sich bereits früh – also lange vor Beginn der Koalitionsverhandlungen im Bund – entschieden haben, höher als bei allen anderen.“ 

Schlechte Umfragen für Drexler

Zudem hätten alle Umfragen, die seit der Übernahme des Landeshauptmann-Postens durch Drexler 2022 erstellt wurden, die ÖVP-Niederlage vorhergesagt. 

Hinzu kämen die desaströs schlechten Persönlichkeitswerte für Drexler: „Er war nur für sechs Prozent der ÖVP-Wähler das Hauptwahlmotiv. Sein Vorgänger Hermann Schützenhöfer kam noch auf 21 Prozent“, rechnet Filzmaier vor. „Nicht einmal die SPÖ-Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller hatte nach dem Salzburger Finanzskandal derart niedrige Werte wie Drexler.“

„Drexler hat insofern recht, dass Ergebnisse bei Landtagswahlen nie zu hundert Prozent hausgemacht sind, sondern in etwa zur Hälfte den aktuellen Bundestrend spiegeln“, sagt Christoph Hofinger, Meinungsforscher von Foresight Research. Jedoch sei darin Van der Bellens Entscheidung wohl nur ein kleiner Mosaikstein, der keineswegs wahlentscheidend gewesen sei. „Es geht hier vielleicht um ein paar Prozentpunkte, keineswegs hat dieser Faktor die Reihenfolge der Parteien verändert.“

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Zwar hätten zuletzt viele Menschen ihren Unmut darüber geäußert, dass der Bundespräsident nicht den Wahlsieger FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt hat. „Viele davon hätten aber wohl ohnehin die FPÖ gewählt“, gibt Hofinger zu bedenken.

Große Rolle der Landesthemen

Ähnlich auch die Einschätzung von OGM-Geschäftsführer Wolfgang Bachmayer. „Wenn immer Landtagswahlen verloren gehen, war der Bund schuld daran. Zweifelsohne gab es für die steirische ÖVP Gegenwind aus dem Bund, aber Van der Bellen für die Niederlage verantwortlich zu machen, greift zu kurz – um es vorsichtig zu formulieren.“

Bachmayer verweist auf die zahlreichen hausgemachten Probleme, die für das schwarze Desaster mitverantwortlich seien. So auch die Themenlage auf Landesebene, allen voran die Debatte um die von Drexler forcierte Errichtung des Leitspitals Liezen, die mit der Schließung dreier Spitäler einhergehen würde. „Laut einer – nicht repräsentativen – Umfrage für unsere Wahlentscheidungshilfe waren 60 Prozent dagegen. Kein anderes abgefragtes Landesthema stieß auf so große Ablehnung.“  

Drexler ohne „steirische Breite“

Auch Bachmayer verweist auf die geringe Popularität der Person Drexler. Bei seinen weit über die Parteigrenzen hinaus respektierten Vorgängern war noch von der „steirischen Breite“ die Rede. Drexler sei weit davon entfernt. FPÖ-Chef Mario Kunasek hingegen habe von Herbert Kicks jüngsten Erfolgen profitieren können, ohne gleichzeitig dessen eher negativ behaftetes Image zu haben. „Ähnlich wie Norbert Hofer gilt er vielen als der nette Blaue von nebenan.“  

Strategisch habe Drexlers Attacke auf den Bundespräsidenten (und indirekt auf die eigene Bundespartei) jedenfalls …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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