Von Keksausstechern und Rechtsakten: Wie Österreichs Wirtschaftsmacher Bürokratie bremsen

Wirtschaft

Wirtschaftsminister für befristete Gesetze, stärkere Wettbewerbchecks. Wirtschaftskammer fordert eigenen Minister für Bürokratieabbau

Kaum jemand sagt, es gibt zu wenig Bürokratie, zu wenig Vorschriften und Regeln für Unternehmen und Bürger. Und doch, mit dem Abbau unnötiger und damit zeit- wie kostenintensiver Regelungen tut sich die Politik sehr schwer. Statt für jedes neue Gesetz ein altes zu streichen („one in, one out“), kommen immer neue Gesetze hinzu. Waren es zuletzt 5.500 neue Rechtsakte in den USA, so sprach der Report von Ex-EZB-Präsident Mario Draghi zur Verbesserung der EU-Wettbewerbsfähigkeit von 13.000 Rechtsakten in Europa. 

Speziell das „kumulative Bürokratie-Ausmaß ist nicht mehr erträglich“, sagte Christian Mandl, Leiter der Abteilung für Europapolitik in der Wirtschaftskammer, bei einer Veranstaltung in seinem Haus. 

Er forderte im Namen seiner Organisation einen eigenen Minister für Bürokratieabbau in der nächsten Regierung. Der Eindämmung der Lawine an neuen Vorschriften müsse Priorität eingeräumt werden. Dies könne auch ein „kostenloser Booster“ für mehr Wirtschaftswachstum sein.

Wirtschaftsminster Martin Kocher griff Mandls Bälle auf, versuchte aber den Unterschied zwischen nötiger  und unnötiger Bürokratie heraus zu arbeiten. Unnötig und teuer werde die Bürokratie beispielsweise immer dann, wenn sie widersprüchlich sei. Kocher brachte das Beispiel eines Unternehmen, das Keksausstecher produziert. 

Die möglicherweise zu scharfen Kanten des Keksausstechers wären ein Problem nach der EU-Produktsicherheitsverordnung, Kinder könnten sich verletzten. Also müsste der Ausstecher verpackt werden, weil nur dort der nötige Warnaufkleber anzubringen sei. Solch eine Verpackung verstoße aber möglicherweise gegen die EU-Verpackungsverordnung, die zum Ziel habe, unnötige Verpackungen zu reduzieren. Das Unternehmen stehe vor einem nicht lösbaren Widerspruch.

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„Sehr gut wären“ befristete Gesetze

Kocher präsentierte in diesem Zusammenhang mehrere Instrumente, mit denen man seiner Meinung nach, der Bürokratieflut zumindest ein wenig Herr werden könnte. Dazu gehören stärkere Checks der Auswirkung neuer Regeln auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Oder die sogenannte „sunset legislation“, also befristete Gesetze, die nach ihrem Ablauf nicht automatisch, sondern erst nach Evaluierung der Zielerreichung verlängert werden. Oder auch die Idee eines „28. EU-Gesetzes“ immer dort, wo es bereits 27 nationale EU-Regelungen gebe und so ein Wettbewerb um die beste Bürokratie entstehen würde – vorausgesetzt, dass Unternehmen frei zwischen der sie betreffenden nationalen Regelung oder dem 28. EU-Gesetz wählen könnten. 

Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna ging noch einen Schritt weiter und machte sich  für mehr Vertrauen in den Markt stark. Denn nicht immer sei eine bürokratische Antwort die richtige Antwort auf ein drängendes Problem. So habe beispielsweise das Lohntransparenzgesetz keineswege dazu beigetragen, dass sich das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen schließen würde. So könnten Marktsignale wie Preise und Anreize ihrer Meinung nach oftmals eine stärkere Wirkung entfalten. Sie brachte hier den erfolgreichen EU-Zertifikatehandel im Kampf gegen die CO2-Emissionen von Unternehmen als Beispiel.

Das beliebte „Gold Plating“, also das nationale Übererfüllen von EU-Vorschriften, koste hierzulande eine Milliarde Euro vom Bruttoinlandsprodukt. Die KMU-Forschung habe berechnet, dass der jährliche Bürokratie-Zeitaufwand für Gewerbe und Handwerk rund 70 Millionen Arbeitsstunden betrage. „Das ist beinahe 7 Prozent der gesamten Personalkapazität.“ Doppelgleisigkeiten bei EU-Bestimmungen und nationalen Regelungen würden EU-weit rund 200 Mrd. Euro pro Jahr kosten, zitierte Köppl-Turyna eine Zahl aus dem Draghi-Report. „Das ist mehr als ein Prozent vom BIP der EU.“

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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