Die „Dancing Stars“ der Wiener Designgeschichte: Das MAK würdigt Dagobert Peche

Kultur

Die Ausstellung „Peche Pop“ zeigt den Dandy der Wiener Moderne – und seine Geistesverwandten – in einem Ballsaal der Exponate

Die Figur der Daphne aus der antiken Mythologie sollte ihn immer wieder beschäftigen: Die Nymphe wurde vom Gott Apollo begehrt, entzog sich aber seinen sexuellen Avancen, indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelte.

Als der Designer Dagobert Peche 1917 die Filiale der Wiener Werkstätte in Zürich einrichtete, ließ er eine Daphne-Figur über dem ganzen Ensemble thronen – und aus den Vitrinen und Kommoden, die nun in einem Bereich der wunderbaren Ausstellung „Peche Pop“ im Wiener MAK zu sehen sind, quollen die Lorbeerblätter nur so hervor.

Luxusobjekte – edle Möbel, Schmuck, Trinkgefäße – werden schnell einmal als „Objekte der Begierde“ bezeichnet. Doch selten ist die Triebhaftigkeit so unmittelbar spürbar in die Dinge eingeschrieben wie in den geschwungenen Tischbeinen, den voluminösen Sitzpolstern und den geschraubten Silberkörpern, die nun in überwältigender Zahl und Dichte in dieser Museumsschau auftreten.

MAK – Museum für angewandte KÜberschwang

Dagobert Peche, der sein wesentliches Werk innerhalb von nur zehn Jahren schuf, zeigt dabei eine Seite der Wiener Moderne auf, die es abseits von Strenge und Reduktion auch immer gab: jene des Überschwangs, der Feierstimmung, des Exzesses.

Die MAK-Ausstellung – zuletzt war hier 1998 eine große Peche-Schau zu sehen – trägt dieser Ästhetik Rechnung, indem sie einen „Palast“ in die große Halle des Museums einzieht: Von einer Art Vorplatz schreitet man durch ein von Vorhängen bekröntes Entrée, durchquert Kabinette und Korridore, um schließlich in einem ovalen Hauptraum zu landen, der rund um das Thema des „Boudoirs“, den nicht selten erotisch aufgeladenen Rückzugsraum der „vornehmen Dame“, gebaut ist.

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MAK/Christian MendezForm follows Fun

Dass die Atmosphäre mitunter Life-Ball-Assoziationen auszulösen vermag, liegt wohl daran, dass überall schräge Vögel herumstehen: Peches Möbel sind nicht dazu gedacht, sich harmonisch in einen Gesamtkontext zu fügen, sie sind Selbstdarsteller par excellence. Der achtbeinige schwarze Kasten inmitten des „Boudoirs“ ist wohl der Star der Show, doch auch der für die Kunstschau 1920 entworfene Schrank, der geöffnet riesige Batman-Flügel ausbreitet, beeindruckt.

MAK/Georg Mayer

Dinge, die etwas erzählen, ja gar eine „Persönlichkeit“ besitzen, ihren Nutzwert abschütteln und fröhlich zwischen Kunst, Design und Dekoration umhertanzen: Das läuft nun wirklich jener modernen Denkrichtung zuwider, für die Otto Wagner mit dem Satz „Etwas Unpraktisches kann nicht schön sein“ zu Felde zog. Tatsächlich erntete Peche Unverständnis, als er nach dem 1. Weltkrieg seine Luxus-Fantasien vorführte, sie schienen dekadent.

Die Schau versammelt jedoch zahlreiche Exponate, die zeigen, dass Peches Formideen eine lange Vorgeschichte und ein ebenso vielfältiges Nachleben hatten. Ein Bauernkasten oder vergoldete Kunstblumensträuße aus einer Kircheneinrichtung verdeutlichen da das volkstümliche Repertoire, das der in Salzburg und Oberösterreich aufgewachsene Peche ebenso anzapfte wie das Vokabular von Rokoko-Möbeln.

MAK/Christian MendezBegehrensräume

Postmoderne Tische und Regale von Ettore Sottsas oder Hans Hollein stehen danach ebenso in Peches Tradition wie die in türkisen Schnürlsamt gekleidete Tierfigur der Biennale-Teilnehmerin Jakob Lena Knebl, die von „Begehrensräumen“ spricht, wenn sie ihre Arbeit charakterisiert.

Eine Sektion am Ende der Schau beleuchtet auch noch die Verbindung Peches zu Joseph Urban, der nach seiner Emigration in die USA u. a. die heutige Trump-Residenz „Mar-A-Lago“ erbaute, aber auch Hollywood-Filmsets mit …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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