Georgien im Chaos: Zwei Präsidenten, ein Land – EU zögert mit Sanktionen

Politik

Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen Demonstranten in Tiflis vor. EU-„Außenministerin“ Kaja Kallas will Sanktionen gegen die Führung in Georgien umsetzen.

In Kaja Kallas’ eigener Heimat Estland war die Entscheidung rasch getroffen: Einreiseverbote und weitere Strafmaßnahmen gegen die gesamte politische Führung Georgiens.

Die Gewalt gegen Demonstranten, Journalisten und Oppositionelle sei „inakzeptabel, kriminell und verstößt gegen die Menschenrechte“, ließ die Regierung des kleinen Landes im Baltikum mitteilen.

In Brüssel dagegen tut sich die neue EU-Außenministerin Kaja Kallas mit Sanktionen gegen Georgien deutlich schwerer. Die ehemalige estnische Premierministerin hatte diese schon vor Tagen öffentlich eingefordert. Beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel am Montag, bei dem Kallas erstmals in ihrer neuen Rolle dabei war, blieb man auch angesichts der Eskalation der Lage in Tiflis vorerst bei Worten.

Keine Wahl mehr nötig

Das also heißt lediglich Kritik an den Entwicklungen in Georgien, an der offensichtlichen Manipulation der Parlamentswahlen und an der Einsetzung des neuen Präsidenten Mikheil Kavelashvili. Mehr allerdings nicht. Kavelashvili wurde erstmals nicht in einer Präsidentschaftswahl, sondern von einem Gremium des Parlaments in Tiflis bestimmt. Da das aber von der Opposition derzeit boykottiert wird, kam der ehemalige Fußballstar, der als Russland-Freund und Gegner der EU gilt, fast ohne Gegenstimme durch. Die bisherige Präsidentin Salome Surabishwili, die Georgien auf einen politischen Weg nach Westen und in die EU führen will, weigert sich allerdings abzutreten. Für sie gehen Abend für Abend Tausende auf die Straßen. Die Sicherheitskräfte gehen mit wachsender Gewalt vor.

Kallas, deren Heimat Russland als Nachbar und damit als Bedrohung vor der Haustür hat, tritt für eine harte Linie gegen Moskau ein: Und das nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Georgien, wo die Regierung der Partei „Georgischer Traum“ seit Jahren einen zunehmend pro-russischen Kurs steuert: Neue Gesetze, die die Meinungsfreiheit beschneiden, härtere Kontrolle von Regierungskritikern und eine Abkehr vom Kurs auf eine zukünftige EU-Mitgliedschaft. Nachdem die EU wegen der Politik der Regierung die Beitrittsgespräche mit Georgien auf Eis gelegt hatte, konterte die Regierung in Tiflis kürzlich und stoppte diese Gespräche gleich einmal für mehrere Jahre.

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Schallenberg: „Nicht die Tür zuschlagen“

Kein Kontakt mehr mit der EU, manipulierte Wahlen und Gewalt gegen Regierungskritiker und Demonstranten: Der politische Kurs Georgiens hat auch die USA bereits zum Handeln veranlasst. Einreiseverbote für Dutzende Vertreter der politischen Führung wurden verhängt. In der EU dagegen kann man sich auf ein solches Vorgehen vorerst nicht einigen. Während die Balten, aber auch Polen und Deutschland harte Maßnahmen fordern, blockieren jene Länder, die auf gute Kontakte zu Moskau Wert legen: Also natürlich Ungarn, aber auch etwa die Slowakei.

Vorerst also bleibt es bei Worten. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg versucht sich vor der Presse an einer Erklärung für die Zurückhaltung. Georgien befinde sich zwar „im Rückwärtsgang“, trotzdem wolle man „nicht die Tür zuschlagen und die europäische Orientierung weiter unterstützen.“ Man werde also vonseiten der EU „eine Linie ziehen und Signale setzen.“ Wie aber, bleibt abzuwarten.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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