Syriens Frauen feiern – und fürchten ihre Zukunft

Politik

Syrerinnen in der ganzen Welt feiern den Fall Assads. Gleichzeitig werden erste Sorgen laut, ob die islamistische HTS die Rechte von Frauen einschränken könnten.

Banan Sakbanis Profilbild zeigt die junge Syrerin vor dem österreichischen Parlament, lächelnd, die neue, alte Fahne Syriens schwenkend. Das Foto wurde bei der Demo am Sonntag vor zwei Wochen, am Tag des Sturzes von Bashar al-Assad, aufgenommen. Es war das erste Mal, dass sie sich mit der Fahne in die Öffentlichkeit traute. „Wir haben Dinge ausgesprochen, die wir uns bisher nie getraut haben zu sagen, dass es ein Syrien ohne Assad geben wird“, schildert die 21-Jährige. „Ein unbeschreibliches Gefühl.“

Banan Sakbani, in Damaskus geboren und mit ihrer Familie 2014 aus Syrien geflohen, studiert heute Jus in Wien. Auf den Sonntag folgten schlaflose Nächte, in denen sie das Geschehen in Syrien mitverfolgte und sich mit Familie und Freunden austauschte, die noch in Damaskus leben, jahrelang ihre Meinung zurückhalten mussten und dank Geldüberweisungen aus dem Ausland überlebten.

Banan feiert wie Syrerinnen und Syrer auf der ganzen Welt den Sturz Assads. Gleichzeitig äußern Frauen erste Befürchtungen: Gefährdet die islamistische, konservative Hayat Tahrir al-Sham (HTS) die Rechte von Frauen in Syrien?

Privat

Die Studentin Banan Sakbani auf der Demo in Wien am Tag des Sturzes von Assad.

Heterogenes Syrien

„Syrien ist nicht Afghanistan“, betont Banan, und erzählt von ihren Freundinnen, die in Damaskus studieren, von der Partyszene vor Ort. Ein einheitliches Bild der Frauen im multiethnischen, multireligiösen Syrien existiert nicht. Die Repression des Assad-Regimes richtete sich gegen alle kritischen Stimmen, ganz gleich welchen Geschlechts, Ethnie oder Religion. Oft heißt es, Assads Herrschaft war zumindest säkular und Minderheiten gegenüber tolerant, Frauen weder von Berufsfeldern noch Ausbildung ausgeschlossen. Assads Frau, Asma al-Assad, wurde vor der Revolution nicht nur aufgrund ihrer britischen Herkunft als „Syriens Lady Diana“ verklärt.

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„Frauen waren von dieser Staatsrepression noch einmal anders betroffen“, sagt Sara Stachelhaus, Programmkoordinatorin für Syrien von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung, die in Beirut sitzt. „Syrien ist eine patriarchale Gesellschaft.“ Im Länderbericht zu Syrien vom European Asylum Support Office heißt es, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt gab es während des Krieges „in praktisch jedem syrischen Verwaltungsgebiet“, sexuelle Gewalt wurde als „Mittel zur Einschüchterung, Demütigung und Bestrafung“ eingesetzt – besonders stark von Regierungstruppen ausgeübt. „Wer das überlebt hat, litt danach unter gesellschaftlicher Stigmatisierung. Die Verbrecher dieser Gewalt waren sich diesen Auswirkungen auf die Leben der Frauen bewusst“, sagt Stachelhaus.

Auch in der Gesetzgebung des Assad-Regimes wurden Frauen benachteiligt: In Syrien regelt das Personenstandsgesetz, das noch auf die französische Mandatszeit zurückging, dass bei Fragen zu Eheschließung, Scheidung und Sorgerecht die Gesetzauslegung der Religionen greift. Der Großteil der Syrer ist muslimisch, untersteht der Scharia. Je nach Auslegung sind Frauen schlechter gestellt als Männer.

Vergewaltigungen in der Ehe sind im syrischen Recht kein Strafbestand. Staatsbürgerschaften können nur von Männern übertragen werden. Und: Präsident muss ein muslimischer Mann sein.

APA/AFP/OMAR HAJ KADOUR

Junge syrische Frauen mit der Unabhängigkeitsflagge in Damaskus am 13. Dezember 2024. 

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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