Notenbank-Chef: „Viele Menschen fühlen sich ärmer, als sie tatsächlich sind“

Wirtschaft

Der im Sommer 2025 in den Ruhestand tretende Robert Holzmann über die Teuerung, Trumps Zölle, das Euro-Dollar-Verhältnis, die EZB und Arbeiten bis 70

Holzmann erklärt auch, warum er sich nicht mehr für eine zweite Amtszeit beworben hat.

KURIER: Der Inflationsschock sitzt den Menschen in den Knochen, wie man am Angstsparen und der Konsumzurückhaltung sieht. Jetzt steigt die Inflation erneut, weil die Energiepreise anziehen. Werden wir demnächst schon wieder Zinserhöhungen erleben?

Robert Holzmann: Zinsanhebungen sehe ich im Moment nicht. Was aber sein könnte, dass man sich bis zur nächsten Zinssenkung mehr Zeit lässt. Ja, es gibt bei manchen Energiepreisen wieder Signale nach oben. Aber es gibt auch andere Szenarien, wie die Inflation zurückkommen könnte, etwa über eine stärkere Abwertung des Euro.

Holzmann: Sie haben im Juni als einziger Notenbankchef im EZB-Rat gegen die erste Zinssenkung gestimmt. Wenn die Inflation jetzt wieder anspringt, fühlen Sie sich im Nachhinein bestätigt?

Ja, denn wir verfolgen im EZB-Rat einen Meeting-to-Meeting-Ansatz. Und gerade zu diesem Zeitpunkt gab es bei der Inflation wieder Bewegung nach oben, sodass aus meiner Sicht durchaus Gründe gegen eine Zinssenkung gegeben waren. Die Zinssenkung wurde aber dennoch durchgeführt, weil es im EZB-Rat eine klare Mehrheit dafür gab, und das ist selbstverständlich zu respektieren.

Sehen Sie sich als Unruhestifter in der EZB? Sie waren ja auch für eine höhere unverzinste Mindestreserve der Banken bei der EZB und sind damit allein geblieben …

Nein, ich sehe mich nicht als Unruhestifter. Ich sehe mich als jemand, der eine eigene Meinung hat, diese offen vertritt und bei einer Entscheidung bleibt, wenn er sie einmal getroffen hat.

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Donald Trump will einen Krieg der Zölle lostreten. Wird das die Inflation weiter anheizen oder dämpfen, weil das Nachfrage und Wachstum kostet. Es gibt Stimmen, die deshalb schnellere Zinssenkungen fordern. Wie sehen Sie das?

Da gibt es unterschiedliche Modelle und wie immer in der Ökonomie hängt alles von den konkreten Annahmen ab. Ein wahrscheinliches Szenario ist, dass Trumps Zölle insgesamt zu einer Wachstumsabschwächung führen, aber auch Inflationsdruck entsteht. Stärker in den USA als bei uns. Wie stark der Effekt sein wird, hängt entscheidend davon ab, ob und wie stark der Dollar aufwertet und der Euro abwerten wird.

Je schwächer der Euro, desto höher die Inflation?

Ja, denn Europa ist relativ stark außenwirtschaftlich orientiert. Und ein schwächerer Euro verteuert Rohstoff- und Warenimporte, die in Dollar abgerechnet werden.

Hat die Politik mit ihrem Jubel über die seit Jahresbeginn sinkende Inflation der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut? Es wurde ja nichts billiger, nur die Preissteigerungen wurden geringer …

Richtig, und bei weiterhin hohen Preisen entsteht natürlich nicht das Gefühl, dass die Inflation gesunken ist. Das mag auch ein Grund für die allgemeine Konsumzurückhaltung sein. Aber viele Menschen fühlen sich auch ärmer, als sie tatsächlich sind. Der Inflationsausgleich durch stark gestiegene Löhne und Pensionen wird oftmals nicht als solcher erkannt.

Was sagen Sie zur Kritik an der EZB, Sie wäre beim Anstieg der Inflation mit der ersten Zinserhöhung erst Mitte 2022 zu langsam gewesen und dann auch beim Rückgang der Preise mit der Zinswende erst im Juni 2024?

Am Beginn waren wir wohl zu langsam, das würde ich …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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