Während der neue ÖVP-Chef Christian Stocker die Einladung der FPÖ zu Gesprächen annahm, gab es außerhalb der Parteizentrale Vandalismus.
Die Volkspartei nimmt die Einladung von FPÖ-Chef Herbert Kickl zu Koalitionsverhandlungen an. Das erklärte deren geschäftsführender Obmann Christian Stocker bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. „Ich werde das Gespräch führen. Es braucht aber ehrliche Antworten“, schlug Stocker gleichzeitig Pflöcke wie etwa Medienfreiheit, Unabhängigkeit von Russland und die Zusammenarbeit in Europa ein. Während des Pressestatements wurde die ÖVP-Bundesparteizentrale beschmiert.
Bereits unmittelbar nach seiner Designierung hatte Stocker erklärt, ein allfälliges Gesprächsangebot der Freiheitlichen annehmen zu wollen. Der ÖVP-Vorstand hatte sich einstimmig dafür ausgesprochen. Stocker betonte, dass der Ausgang der Gespräche offen sei. Eine Regierungszusammenarbeit mit dem FPÖ-Chef hatten der zurückgetretene ÖVP-Spitzenkandidat Karl Nehammer, aber auch Stocker und zahlreiche weitere ÖVP-Funktionäre vor der Nationalratswahl ausgeschlossen. Damit Unzufriedene drückten ihren Missmut indes mit Vandalismus aus: „ÖVP stinkt nach brauner Scheisse“ (sic!), schrieb jemand auf das ÖVP-Gebäude neben dem Wiener Rathaus. Die Stellen wurden prompt überklebt.
APA/HELMUT FOHRINGER / HELMUT FOHRINGERStocker will starke Demokratie
Ehrlich beantworten müsse die FPÖ, ob Österreich ein konstruktiver und verlässlicher Teil der EU sein, sich an der freien Welt oder der Diktatur orientieren und das Staatsganze über Parteiinteressen stellen solle. Aus den Antworten werde erkennbar sein, ob die FPÖ dazu bereit sei, Verantwortung für alle Menschen zu übernehmen. Das werde er in den kommenden Gesprächen ausloten, so Stocker.
Für die ÖVP sei klar, dass es eine Demokratie brauche, die Bedrohungen wie Einflussnahme aus dem Ausland, Terrorismus und Krieg standhalte. Er sprach sich zudem für Souveränität, Partnerschaft in Europa, eine „starke wenn auch bessere EU“, die Wahrung des Rechtsstaates und den Kampf gegen Antisemitismus aus. Auf eine Journalistenfrage danach, ob Österreich – wie von der FPÖ gefordert – aus dem Verteidigungsprojekt „Sky Shield“ austreten könnte, meinte der geschäftsführende ÖVP-Obmann, man müsse die Landesverteidigung ernst nehmen. Alles weitere werde man – „wenn es dazu kommt“ – mit der FPÖ besprechen.
Gespräche mit Kickl wegen veränderter politischer Lage
Stocker betonte zudem, dass sich die ÖVP eigentlich um eine Dreierkoalition mit SPÖ und NEOS bemüht hatte, diese aber gescheitert ist. Dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt hat, habe zu einer neuen politischen Lage im Land geführt, begründete er die Zusage zu einem Gespräch mit Kickl. Er sprach sich außerdem gegen Neuwahlen aus. Eine Minderheitsregierung aus ÖVP und NEOS, die der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl ins Spiel gebracht hatte, hätte laut Stocker keine parlamentarische Mehrheit, die sie stützt.
Dienstagabend hatte das Präsidium der FPÖ einstimmig grünes Licht für offizielle Verhandlungen mit der ÖVP gegeben. Direkt danach rief Kickl bereits Stocker an. Der FPÖ-Chef sprach außerdem davon, dass ein Treffen in kleinem Rahmen „zeitnah“ erfolgen soll. Dieses könnte dem Vernehmen nach bereits am Mittwoch stattfinden, inhaltliche Verhandlungen sind für Freitag anvisiert, wenn sich die Steuerungsgruppen beider Parteien treffen könnten. Eine offizielle Bestätigung für ein Treffen der Parteichefs am Mittwoch gab es aus beiden Parteien gegenüber der APA nicht, Fragen nach dem genauen Termin beantwortete Stocker auch beim Pressestatement nicht.
Source:: Kurier.at – Politik