Kunst – die „drittwichtigste Geldquelle der italienischen Mafia“

Kultur

Eine Ausstellung in Mailand präsentiert Werke, die bei Polizeiaktionen gegen die organisierte Kriminalität beschlagnahmt wurden

Die Ausstellung, die gerade im Mailänder Palazzo Reale läuft, ist eher klein, dafür aber sehr fein und absolut außergewöhnlich. Fein deswegen, weil die 83 Exponate eine Zeitreise durch die jüngere Kunstgeschichte ermöglichen – von der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die 2010er-Jahre.

Was diese Ausstellung aber absolut außergewöhnlich macht, ist, dass alle Kunstwerke im Zuge von Ermittlungen gegen die Mafia sichergestellt wurden. Die Provenienz der Bilder ist daher der Magnet der Ausstellung. Der Titel „SalvArti“ ist ein Wortspiel: „Arti“ steht für Künste, „salvare“ für retten; „salvarti“ bedeutet aber auch „dich retten“. Und die Werke wurden eben aus den Fängen der Mafiosi gerettet.

Andrea Scuratti

Das älteste Werk ist „Tigre e serpente“ (Tiger und Schlange, 1928 – 1939) von Antonio Ligabue. Es folgen Emilio Vedovas „Del nostro tempo“ (Aus unserer Zeit, 1950); ein „Poprad“ von Victor Vasarely aus 1954 und „Carrà, Capanno sulla riva“ (Hütte am Ufer) von Carlo aus 1955. Zu den jüngst geschaffenen Werken gehört ein Bild ohne Titel von Mimmo Paladino aus 2005 sowie „Study for splash buildings“ von Dennis Oppenheim aus 2009. Zeitlich dazwischen liegen Arbeiten u. a. von Robert Rauschenberg, Andy Warhol, Lucio Fontana und Giorgio de Chirico.

Gräulichste Taten

Während man sich von dem einen Saal in den anderen bewegt, Giorgio de Chiricos „Piazza Italia“ erblickt oder Salvador Dalís „Romeo e Giulietta“ (Romeo und Julia, 1970 – 1975), fragt man sich immer wieder: Wie kann es sein, dass Mafiosi, die zu den gräulichsten Taten bereit sind, ein Faible für Kunst haben? Dass sie sich an einem Schnittbild von Lucio Fontana erfreuen? Oder dass sie sich der näheren Betrachtung von Christos Entwurf für die römische Villa Borghese mit dem Titel „Wrapped Venus“ (1974) widmen?

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Geldwäschenetzwerk

Über die staatlichen Operationen gegen die Mafia und die involvierten Personen geben Ausstellung wie auch Katalog nur ganz wenig preis. Was man erfährt, ist, dass es sich bei den ausgestellten Werken um zwei getrennte Konfiszierungsakte handelt. Und dass die Ermittlungen schon gute zehn Jahre zurückliegen müssen. Denn der Konfiszierungsbeschluss wird erst nach dem definitiven Gerichtsurteil gefällt.

Andrea Scuratti

61 Werke wurden im Rahmen von zwei Ermittlungsverfahren in Rom sichergestellt. Im Fokus der Carabinieri und der italienischen Finanzpolizei standen damals ein groß angelegter Betrug und internationale Netzwerke, die der Geldwäsche dienten. Während dieser Ermittlungen stießen die Sicherheitskräfte auch auf ein Unternehmen, das mit moderner und zeitgenössischer Kunst handelte. Und zwar sowohl in eigenem Namen, wie auch im Auftrag Dritter. Das Unternehmen besaß außerdem eine Kunstgalerie in der zentralen Via Margutta, wo die renommierten Antiquare ihr Geschäft haben.

Videospielverleiher

Die restlichen 22 Werke kommen aus Reggio Calabria. Sie wurden bei einem Unternehmer beschlagnahmt, der offiziell Inhaber eines Verleihs von Videospielen war, in Wahrheit aber Geschäfte mit der organisierten Kriminalität machte.

Vor allem die in Rom beschlagnahmten Bilder weisen darauf hin, dass den Mafiosi Kunstexperten und Kunsthändler sicher nicht zweiter Klasse zu Dienste standen.

Aber zurück zur Frage, was die Mafia mit Kunst am Hut hat. Es heißt, dass der Mafiaboss Matteo Messina Denaro, den die Sicherheitskräfte im Jänner 2023 festnehmen …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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