Haftungsschreiben an vier ehemalige Vorstände und zwölf Ex-Aufsichtsräte der Signa Prime Selection AG. Vorwurf der
Insolvenzverschleppung.
Der Insolvenzverwalter der Signa Prime Selection AG, in der Firmengründer René Benko die Luxusimmobilien geparkt hat, verschärft die Gangart, um Geld für die Gläubigerschaft aufzutreiben. 13 Monate nach der Insolvenzanmeldung Ende November 2023 ergingen nun kurz vor dem Jahreswechsel Haftungsschreiben des Anwalts Norbert Abel an vier ehemalige Vorstandsmitglieder und zwölf Ex-Aufsichtsräte. Abel macht sie darin für mindestens 1 Mrd. Euro Schaden verantwortlich.
Konkret wirft der Insolvenzverwalter den ehemaligen Führungskräften Manuel Pirolt, Timo Herzberg, Tobias Sauerbier und Claus Stadler sowie den Ex-Aufsichtsräten, darunter Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, grosso modo schwere Verfehlungen, Pflichtverletzungen und Insolvenzverschleppung vor.
Es werde davon ausgegangen, dass die Signa Prime „spätestens seit 31. 3. 2022“ materiell insolvent war, was sowohl den Aufsichtsräten als auch den Mitgliedern des Vorstands hätte bekannt sein und zu den entsprechenden Schritten – Stellung eines Insolvenzantrags – hätte führen müssen, geht aus einem Anwaltsschreiben hervor. Angesprochen sind Führungskräfte, die ihre Funktion im Zeitraum 1. Jänner 2022 bis zur Insolvenzeröffnung am 29. Dezember 2023 innehatten.
Sorgfalts- und pflichtwidriges Handeln
Der maßgebliche Schaden durch sorgfalts- und pflichtwidriges Handeln beträgt demnach – aus heutiger Sicht – rund 1 Mrd. Euro. Der Vorstand habe dadurch bewirkt, dass sich der Betriebsverlust der Signa Prime zulasten der Gläubiger erhöhte und dass die Insolvenzmasse geschmälert wurde. Sohin sei auch die Insolvenzquote entsprechend reduziert und ein Quotenschaden entstanden.
Zunächst sei erkennbar kein taugliches Controlling und keine taugliche Finanzplanung vorgelegen, hält Abel auch in einem Schreiben an Pirolts Anwalt Michael Rohregger weiters fest. Dessen Mandant sei in den Jahren vor Insolvenzeröffnung ebenfalls Mitglied des Vorstands der Schuldnerin gewesen und habe seine „diesbezüglichen Pflichten während des Bestellzeitraums schuldhaft verletzt“.
Der Insolvenzverwalter forderte die ehemaligen Organe der Signa Prime auf, deren Haftung „dem Grunde nach anzuerkennen“. Diese Summe ist den Angaben zufolge durch „rechtswidrige Zahlungen, Intercompany-Kredite und nicht eingeforderte Rückzahlungen“ zusammengekommen. Als Deadline für den Eingang des Haftungsanerkenntnisses ist der 20. Jänner 2025 gesetzt.
„Bierdeckel“-Kalkulationen in dreistelliger Millionenhöhe
Zur Liquiditätsplanung der Schuldnerin seien „lediglich kursorische, nicht revisionssichere und den Ansprüchen an ein Großunternehmen keinesfalls entsprechende „Bierdeckel‘-Kalkulationen aktenkundig ( ́im rudimentären Excel-Format)“. Die „Bierdeckel“ zeichneten sich dadurch aus, dass sie „willkürliche, rechtsgrundlose ‚Überträge‘ von konzernfremden Gesellschaften (insbesondere die Signa Development Selection AG) in dreistelliger Millionenhöhe enthalten und überhaupt jegliche – nur vermeintlich freie – Liquidität in Tochtergesellschaften als jene der SPS behandeln“.
Und weiter: „Hieraus hätte jedes sorgfältige Vorstandsmitglied erkennen müssen, dass die Schuldnerin ein ‚faktisches Cash-Pooling‘ in grober Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften betreibt.“
Trotz Kenntnis der Liquiditätsprobleme habe die Signa Prime Selection AG allein im Jahr 2023 Zahlungen an die Signa Prime Holding GmbH, die sich ebenfalls in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und materiell insolvent war, in Höhe von gut 252 Mio. Euro in Form von „großteils nachrangigen (!) Upstream Loans“ geleistet.
Die Gewährung dieser Zahlungen an „den – nicht konzernverbundenen – Mehrheitsaktionär stellt überhaupt ein Unikum in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte dar“, hielt Abel fest. Der Vorstand habe nachhaltig seine Sorgfaltspflichten gemäß Aktiengesetz verletzt.
Insolvenz bereits im Laufe des Jahres 2022 erkennbar
Klare Worte richtet der Insolvenzverwalter auch an die früheren Aufsichtsräte: „Tatsächlich hat der gesamte Aufsichtsrat …read more
Source:: Kurier.at – Wirtschaft