Der SPÖ-Chef steht seit dem Aus der Koalitionsverhandlungen intern in der Kritik. Die Partei könnte mit einem anderen Spitzenkandidaten als Andreas Babler in Neuwahlen gehen.
Die SPÖ benötige jetzt keine Schnellschüsse. Selbstreflexion, das ja. Auch eine gewisse Ruhe sei gefragt. Aber keinesfalls sei nun die Zeit, Andreas Babler an der Parteispitze infrage zu stellen. Ausgerechnet Hans Peter Doskozil, der burgenländische SPÖ-Chef, Landeshauptmann und prominenteste interne Kritiker des Bundesparteivorsitzenden war es, der Anfang der Woche diesen Befund loswurde.
Die Einschätzung war nicht unbedingt zynisch gemeint. Denn tatsächlich sind große Teile der Sozialdemokratie enttäuscht, verärgert, überrascht und müde – oder auch alles zusammen, je nachdem, wie intensiv man die Koalitionsverhandlungen der vergangenen Wochen erlebt hat.
Für Andreas Babler und sein Verhandlungsteam bedeutet das Scheitern der Dreier-Gespräche, dass man im schlimmsten aller Fälle weitere fünf Jahre nicht gestaltet.
Und das ist aus vielen Gründen ein Problem.
Zunächst einmal, weil – wieder einmal – ein Erfolgserlebnis ausblieb. „Es ist ein objektiver Befund, dass wir nach der EU- und der Nationalratswahl nun auch bei den Koalitionsverhandlungen gescheitert sind. Natürlich macht das etwas mit einer Partei“, sagt ein Stratege in der Löwelstraße, dem Sitz der SPÖ in der Wiener Innenstadt.
APA/TOBIAS STEINMAURER / TOBIAS STEINMAURER
Dementsprechend sei es geboten, die Sozialdemokratie erstens aufzurichten und zweitens auf mögliche Szenarien vorzubereiten.
Das naheliegendste ist derzeit die FPÖ-ÖVP-Koalition und damit die „Verlängerung“ der Oppositionsrolle.
Sollte es zu Blau-Schwarz kommen, würde Babler wohl versuchen, sich politisch an die Spitze des Widerstandes gegen die wirtschaftsliberale, rechtskonservative Regierung zu setzen.
Ein Zeitfenster, das er dabei gewissermaßen „überstehen“ muss ist die Landtagswahl im Burgenland. Denn sollte sein Rivale Doskozil deutlich besser abschneiden als erwartet und allenfalls die absolute Mehrheit zurückholen, wäre dies ein Anlass, um noch einmal über die inhaltliche und personelle Richtung der Partei zu diskutieren.
Unmut auch in Wien
Eine Schlüsselrolle kommt einmal mehr der Wiener Landespartei zu. Während Bürgermeister Michael Ludwig zumindest offiziell zu den wichtigsten Unterstützern Bablers zählt, ist der Unmut unter den Funktionären über die gescheiterten Verhandlungen groß. Viele kreiden das Debakel dem Parteichef an: „Er war der SPÖ-Chefverhandler, deshalb hat er auch die Hauptverantwortung“, sagt ein Wiener Genosse zum KURIER. Seine Analyse: Man habe sich zu sehr auf die ÖVP konzentriert und die Forderungen der Neos nicht ernst genug genommen.
Ein anderer Roter bemängelt die geringe Verhandlungserfahrung des engeren Teams, das Babler um sich geschart habe. Die Rede ist von Bablers Hang zu einsamen Entscheidungen, die er oft im engsten Umfeld fälle, um dann die Gremien vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ein Verhalten, das sich schon rund um die EU- und Nationalratswahlen gezeigt habe. „Er macht genau das, was er seinen Vorgängern Pamela Rendi-Wagner und Werner Faymann selbst immer vorgeworfen hat.“
Obwohl alles andere als glücklich mit Babler, rechnen die Wiener Genossen mit seinem Verbleib als Parteichef, zumindest bis zur Wien-Wahl im Herbst.
Problem: Statuten
Das hat mehrere Gründe: Aufgrund der anstehenden Wahl will man jetzt tunlichst keine parteiinterne Unruhe. Und der Prozess der Kür eines neuen Obmanns würde sich überaus mühsam und langwierig gestalten. Verantwortlich dafür ist ausgerechnet die von Babler durchgesetzte Statutenreform: Sie sieht eine Beteiligung der Mitglieder bei einer Obmann-Wahl …read more
Source:: Kurier.at – Politik