KURIER-Reporterin im Feuer von Los Angeles: „Normale Menschen sehen keine Zukunft mehr“

Politik

Seit Tagen wüten im US-Bundesstaat Kalifornien Waldbrände historischen Ausmaßes. Unsere Reporterin Elisabeth Sereda lebte 30 Jahre in L.A. – und beschreibt, wie sie das Inferno hautnah miterlebte.

30.000 Hektar. 120.000 Evakuierungen. 60.000 Gebäude. Null Prozent Eindämmung. Zahlen sind kalte Fakten, die das Ausmaß einer Katastrophe nicht adäquat beschreiben. Es sind die Mementos, die Familienfotos, die persönlichen Erinnerungen, die Geschichten, die mit dem Ort, dem Stadtteil, der Adresse verbunden sind, die ein schmerzhaftes Bild einer solchen Katastrophe erst fühlbar machen.

Ich habe über 30 Jahre in Los Angeles gelebt, seit vier Jahren komme ich immer nur noch aus geschäftlichen Gründen hierher. Diese Woche gab es so einen Grund.

Es gab keine Vorwarnung für das Inferno, in das ich flog. Strahlender Sonnenschein begrüßte mich am Sonntag, der Montag und Dienstag waren, wie auch der Rest der Woche, mit Meetings verplant. Auf der Rückfahrt zum Haus von Freunden, bei denen ich wohne, wenn ich in L.A. bin, kam die Nachricht von Bränden im Villenviertel der Pacific Palisades.

Drei Monate praktisch ohne Regen

Als jahrelanger Los Angeleno zuckt man da nur kurz mit den Schultern – Brände sind hier leider Teil des Alltags geworden, sie finden mit gewohnter Regelmäßigkeit mehrmals pro Jahr statt. Nur die Jahreszeit schien uns allen sofort bedenklich. Jänner? Nicht der Monat dafür. 

Die meisten Waldbrände finden historisch zwischen August und November statt, nach langen, trockenen Sommern. Wie wir jetzt wissen, gab es aber auch im Herbst und Winter in Los Angeles innerhalb der letzten drei Monate kaum Regen.

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Am Dienstag um 14 Uhr hätte ich mich mit Billy Bob Thornton treffen sollen. Um 13:30 schickte er ein SMS, in dem er schrieb, dass er mit seiner Familie in den Norden fahren müsse, da sie sonst vermutlich nicht mehr hinauskommen würden. Sein Haus ist – es war – in den Pacific Palisades.

APA/AFP/JOSH EDELSON

Das Villenviertel der Pacific Palisades erwischte es mit am Schlimmsten.

Als ich aus dem Auto stieg, riss mich der Wind fast um

Den Nachmittag verbrachte ich am Telefon mit all den vielen Freunden, die in verschiedenen Ecken dieser Stadt leben. Besonders jene, die in Malibu wohnen und in den letzten 30 Jahren unzählige Feuer überlebt, oft ihre Häuser danach wieder aufbauen mussten, ahnten die Gefahr und evakuierten, bevor sie von Polizei und Feuerwehr dazu gezwungen wurden.

Im Laufe des Nachmittags wurden die Windböen immer stärker. Sie rissen Stromleitungen um, die das Feuer im trockenen Gestrüpp entzündeten. Die brennenden Glutstücke flogen und sprangen dann in andere Bereiche, oft über breite Straßen und sogar Autobahnen.

Heidi Schlitt via REUTERS

Blick auf die brennenden Hollywood Hills.

Selbst noch gute 30 Kilometer entfernt, in Encino, der Gegend am Fuße der Hollywood Hills, beschloss ich, mein Abendessen mit einem Freund und Kollegen aus Frankreich nicht abzusagen. Auf dem Weg zum Restaurant fiel an einer Kreuzung der Strom aus. Als ich aus dem Auto stieg, riss mich der Wind fast um. 

Eineinhalb Stunden später bekam mein Freund einen Anruf: als Nachrichtenreporter für Canal+ musste er einen Live-Einstieg machen, denn inzwischen war auch 10 Kilometer in die andere Richtung ein Feuer ausgebrochen, das nun als Eaton Fire auf der ganzen …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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