Klimaökonomin: „Wir reden oft über Probleme, aber zu wenig über Chancen“

Politik

Die Wissenschaftlerin des Jahres Sigrid Stagl sieht keinen Widerspruch, wie Ökonomie und Ökologie zusammenpassen.

Die Klimaökonomin Sigrid Stagl ist Wissenschafterin des Jahres. Die Wirtschaftswissenschafterin hat seit Jahren ihren Fokus auf die Chancen gelegt, die Ökonomie und Ökologie bieten.

KURIER: Frau Professor, Sie forschen an der WU besonders zu Klima- und Nachhaltigkeitsthemen. Wie gehen Sie damit um, dass angesichts steigender Problemlagen Klimaleugnerparteien so stark zulegen?

Sigrid Stagl: Das passt tatsächlich nicht zusammen. Einerseits erkennen immer mehr Menschen die Wichtigkeit von Klimaschutz, andererseits gewinnen Parteien, die das Gegenteil vertreten. Ich denke mir, dass wir da als wissenschaftliche Community auch bei der Kommunikation dazulernen müssen: Wir reden oft über Probleme, aber zu wenig über Chancen. Die systemischen Analysen liegen weit weg vom Alltag vieler Menschen. Wir sollten mehr hervorheben, wie nachhaltiges Handeln unser Leben positiv verändern kann.

Sie erwähnen, dass Klima- und Umweltschutz nicht nur „grün“ sein sollte. Warum assoziieren viele diese Themen dennoch so stark mit grünen Parteien?

Wenn man Wahlprogramme anschaut, bieten fast alle Parteien – bis auf radikale Leugner – Klima- und Umweltthemen an. Es sollte Konsens sein, dass nachhaltiges Handeln notwendig ist, unabhängig vom politischen Lager. In Dänemark funktioniert das: Dort diskutieren alle Parteien lediglich über den besten Weg, nicht über das „Ob“.

Dänemark hat seine Emissionen um mehr als 40 Prozent reduziert und ist wirtschaftlich erfolgreich. Was machen die Dänen?

Sie haben früh begonnen und über Jahrzehnte Infrastrukturen angepasst. Dazu gehört eine Kultur der Transparenz: Sie probieren etwas, und wenn es nicht klappt, wird das offen gesagt und korrigiert. In Österreich sehen wir häufig ein „Durchwursteln“ und Wegschauen.

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Ihre BOKU-Kollegin Professorin Helga Kromp-Kolb, nannte ihr neuestes Buch zur Klimakrise „Für Pessimismus ist es zu spät“. Wie sehen Sie das?

Pessimismus nützt nichts. Wissenschaftlich sind wir kritisch, doch es geht darum, die Chancen aufzuzeigen. Zum Beispiel bleiben Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region, wenn wir erneuerbare Energien nutzen, statt Milliarden für fossile Importe auszugeben. Klimaschutz macht uns widerstandsfähiger. Studien zeigen, dass innovatives und nachhaltiges Wirtschaften nicht nur möglich, sondern wirtschaftlich sinnvoll ist.

Warum bestimmt dann immer noch die fossile Lobby so stark das Geschehen, obwohl wir seit Jahrzehnten wissen, was fossile Verbrennung anrichtet?

Es ist irrational und reines Festhalten an alten Geschäftsmodellen. Manche politische Kräfte unterstützen diesen Kurs. Dabei liegen längst klare Berechnungen auf dem Tisch, was es kostet, nichts zu tun. Dennoch setzen einige Parteien und Unternehmen auf Unvernunft und gefährden damit Gesellschaft und Wirtschaft. Die Fakten sind längst bekannt: Fossile Brennstoffe tragen massiv zur Erderwärmung bei und bedrohen damit unsere Lebensgrundlagen.

Nun verhandeln FPÖ und ÖVP über eine neue Regierung. Die FPÖ will vom Klimawandel bekanntlich nichts wissen und hält ihn für einen Schwindel. Was wünschen Sie sich von diesen Verhandlungen?

Ich hoffe, dass die Verhandler Klima- und Umweltpolitik als integralen Bestandteil der Standortpolitik verstehen und konsequent weiterentwickeln. Dadurch schaffen Sie heute die Voraussetzungen für einen zukunftsorientierten und innovativen Wirtschaftsstandort, der sich langfristig in einem krisensicheren europäischen Wirtschaftsraum im Kontext globaler Herausforderungen behaupten kann. Das ist die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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