Maria Happel: „Ich war in der Abstellkammer. Aber jetzt …“

Kultur

Die Burgschauspielerin über die bitteren Kušej-Jahre, die Komik von Peymanns Schreianfällen und ihr Programm für die Festspiele Reichenau

Wir treffen uns im Café Landtmann beim Burgtheater. Maria Happel kommt gerade von der Probe (am 26. 1. hat Molières „Tartuffe“ in der Regie von Barbara Frey Premiere) und hat beste Laune.

APA/BURGTHEATER/TOMMY HETZEL

Berührend: Maria Happel und Bruno Cathomas  in „Toto“ 

KURIER: Mit Frey haben Sie ja schon öfters gearbeitet.

Maria Happel: In der Tat! Wir kennen uns seit 16 Jahren, es ist meine achte Arbeit mit ihr.

Der Inhalt von „Tartuffe“ ähnelt ein wenig „Biedermann und die Brandstifter“ – und lässt sich politisch lesen.

Die Möglichkeit gibt es, aber wir betonen das nicht, auch wenn wir in der Tiefe wühlen. Diese Komödie wird keine Klamotte, sondern zum Nachdenken anregen und Zusammenhänge herstellen.

Als Ehefrau von Orgon lassen Sie den Heuchler und Hochstapler auffliegen?

Ich versuch’s. Aber das Ende will ich nicht verraten.

Eine Analogie zu Herbert Kickl ist denkbar?

Orgon ist selber schuld, dass er den Tartuffe ins Haus holt. Aber diese tagespolitische Interpretation ist, glaube ich, zu weit hergeholt.

Sie spielen mit Michael Maertens wieder ein Ehepaar.

Ja, wir sind bereits erprobt. Zuletzt haben wir das wahrscheinlich älteste Ehepaar überhaupt gespielt, 73 Jahre verheiratet. In den „Stühlen“ von Eugène Ionesco. Die Inszenierung war ein riesiger Erfolg, immer ausverkauft! Und trotzdem hat Martin Kušej, als er 2019 Direktor wurde, die Produktion nicht übernommen.

APA/GEORG HOCHMUTH

Absurde Ehe: Michael Maertens und Maria Happel in „Die Stühle“  

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In seinen fünf Jahren durften Sie nicht viel spielen.

Irgendwann rief mich ein Techniker an: „Dein Künstlerporträt hängt nicht mehr im Foyer, sondern steht in der Abstellkammer. Weißt du das?“ Ich wusste es nicht. Aber es war bezeichnend. Ich war in der Abstellkammer. Aber jetzt bin ich wieder da, wo ich hingehöre. Auf der Bühne.

Bei den „Stühlen“ führte Claus Peymann Regie …

Bis Seite 39. Dann wurde er schwer krank, und Leander Haußmann sprang ein.

Jedenfalls: Sie sind viele Jahre durch die Peymann-Schule gegangen. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht wie das Josefstädter Ensemble? Peymann soll sich dort unmöglich benommen und viel geschrien haben …

Ich kann nachvollziehen, was den Kolleginnen und Kollegen dort widerfahren ist. Ja, er hat viel geschrien. Aber ich musste immer lachen, wenn er schrie. Ich glaube, das war eine ganz gesunde Art, damit umzugehen. Ich kam mit ihm richtig gut zurecht. Aber es gab viele, die gelitten haben.

Die Zeiten haben sich geändert. Die jungen Menschen fordern einen anderen Umgang. Das haben Sie als Chefin des Max Reinhardt Seminars zu spüren bekommen.

Achtsamkeit ist wichtig! Ich habe meine Töchter auch so erzogen. Ich möchte nicht, dass sie von einem Regisseur oder einer Regisseurin angeschrien werden. Und wenn sie angeschrien werden, möchte ich, dass sie aufstehen und sagen: „Bis hierhin und nicht weiter!“ Das zu formulieren hat meine Generation einfach nicht gewagt. Aber zumindest haben wir dazu beigetragen, dass sich das ändert. Und das ist auch der Grund, warum ich vor vielen Jahren gesagt habe, dass ich selber Regie führen möchte. Um zu beweisen, dass man auch anders Theater machen kann. Denn es gibt ja keine Darstellerin, die sich vornimmt, schlecht sein …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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