Der neue Chef des größten Museumsverbands des Landes will, dass dessen Sammlungen stärker zusammenrücken – und dass die Menschen in Österreich stolz darauf sind
Seit 1. Jänner führt der gebürtige US-Amerikaner Jonathan Fine das größte Museum Österreichs. Zuvor hatte er einen Teilbereich davon – das Weltmuseum – geleitet.
KURIER: Ein Freund hat Sie vergangenes Wochenende gesehen, wie sie sich zivil im Museum unter die Besucher gemischt haben. Was sehen Sie so, wenn Sie mit der Perspektive der Gäste durchs Haus gehen?
Erstens, dass unser Publikum sehr jung ist. Zweitens, dass die Lifte, die wir jetzt im Haus haben, viel zu langsam und viel zu klein sind. Aktuell passen im besten Fall vielleicht drei, vier Leute in den Aufzug und niemand in einem Rollstuhl. Drittens, dass die Schlangen für das Café immer zu lang sind. Aber viertens, dass das die Begegnung mit der Kunst hier einfach einzigartig ist. Und es freut mich, dass so viele Leute dieses Angebot wahrnehmen.
Ein Widerspruch, über den ich beim Kunsthistorischen Museum oft nachdenke, ist der: Man versucht sich zu öffnen, doch zugleich ist das ganze Museum so wuchtig und auf das Ziel hin gebaut, Ehrfurcht zu generieren. Man fühlt sich klein, wenn man die Prunkstiege hinaufgegangen ist. Kann da ein neuer Lift, ein neuer Eingang, irgendwas daran ändern?
Die Räumlichkeiten des Kunsthistorischen Museums sind sehr unterschiedlich. Die kleinen Kojen ermöglichen eine sehr intime Sicht auf die Kunst, und die großen Räume sind fast übertrieben in ihrer Grandezza. Aber ich glaube, die Logik dieses Museums ist es, Möglichkeiten zu sehr direkten Begegnungen mit Kunst in Abwechslung mit großen, großartigen Räumen anzubieten. Je nach Format des Kunstwerks kann das eine sehr erfolgreiche Strategie sein. Wir müssen dies mehr nutzen, um gezielt solche Erlebnisse zu ermöglichen.
Weil eben das Erlebnis so vielfältig ist, könnte es auch schwer sein, Besuchern zu vermitteln, warum man in dieses Museum gehen muss. Wenn man eine Ikone wie die Mona Lisa oder den Klimt-Kuss hat, ist es oftmals leichter, diese Sogwirkung zu erzielen.
In gewisser Weise hat das Kunsthistorische Museum das Pech, dass es so viele Ikonen besitzt: Von Bruegels „Turmbau zu Babel“ bis zur „Gemma Augustea“, von der Rüstung von Ferdinand II. von Tirol bis zur Geige von Mozarts Vater. Wir gehen fast unter in Meisterwerken, und das ist etwas sehr, sehr Schönes. Aber wir können das mehr fokussieren.
KHM-Museumsverband
Doch neben der Vielfalt und der Lust, da teilhaben zu dürfen, gibt es eben auch dieses über viele Generationen überlieferte Ehrfurchtsgehabe.
Ja, aber ich glaube, das liegt weder an der Architektur noch an den Kunstwerken, sondern an unserer Art, diese Werke zu vermitteln. Wenn ich an die National Gallery in London denke, dort wird man nicht von Ehrfurcht überfallen, auch nicht im Prado in Madrid. Der Prado, der historisch gesehen unsere Schwester-Sammlung ist, hat es geschafft, von der habsburgischen und königlichen Sammlung zum Nationalschatz zu werden. Und ich glaube, das ist die Aufgabe, die uns noch bevorsteht. Wir sind eines der absolut herausragendsten Museen der Welt und der Kulturschatz dieser Republik. …read more
Source:: Kurier.at – Kultur