Daniel Glattauer: Man muss nur eine Ahnung von der Liebe haben

Kultur

Daniel Glattauer beobachtet in seinem neuen Roman „In einem Zug“ zwei Menschen, die über das Beziehungsglück diskutieren

Eduard Brünhofer ist erfolgreicher Autor von Liebesromanen und gerade mit der Bahn von Wien nach München unterwegs. Dort wird er einen unangenehmen Termin bei seinem Verlag wahrnehmen müssen. Sein letzter Roman ist vor mehr als zehn  Jahren erschienen, er hat schon einen großen Vorschuss für sein nächstes Buch kassiert, sollte also endlich liefern. Es fehlt ihm allerdings an Ideen und Lust, weiterhin ausschließlich Liebesromane zu schreiben.

Das Zugabteil teilt er mit einer attraktiven Frau frühen mittleren Alters, die ihn recht bald mit Blicken fixiert und kurz darauf versucht, ein Gespräch zu beginnen. Sehr zu seinem Leidwesen, denn er wollte eigentlich ungestört bleiben und gedankenverloren aus dem Fenster schauen. Wahrscheinlich hat sie  ihn erkannt, alle oder zumindest einige seiner Bücher gelesen und will nun sicher mit ihm über sein kreatives Schaffen reden. Es kommt jedoch anders, denn sie hält ihn zunächst für ihren ehemaligen Englischlehrer, weiß dann weiterhin nicht, woher sie sein Gesicht kennt, bis er sie  aufklärt. „SIE sind Eduard Brünhofer, da sitze ich ja neben einer Berühmtheit.“

Daniel Glattauer erzählt in seinem neuen Roman „In einem Zug“ vom Gespräch zweier Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite der seit einer halben Ewigkeit glücklich verheiratete Autor Brünhofer, von Glattauer vermeintlich  autobiografisch und als Ich-Erzähler beschrieben, und ihm schräg gegenüber die selbstbewusste Physio- und Psychotherapeutin Catrin Meyr, die nicht an langjährige Beziehungen glaubt, mit ihm aber unbedingt über die Liebe sprechen will. „Was befähigt einen Autor, über die Liebe zu schreiben?“, fragt sie ihn.
„Die Ahnung. Man muss nicht alles erfahren haben, worüber man schreibt, man muss nur eine Ahnung davon haben.“ Mittlerweile ist Eduard Brünhofer durch  ein Glas Rotwein aus dem Speisewagen  gesprächiger geworden.  

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Sie stellt ihm  im Lauf der weiteren Fahrt auf der Westbahnstrecke nach München – jedes Kapitel entspricht einer Station – immer mehr indiskrete, manchmal fast schon unverschämte Fragen zu Beziehungen im Allgemeinen und zu seinem langjährigen Eheglück im Speziellen.  
Daniel Glattauer, der nach vielen Jahren bei Deuticke und Zsolnay nun zum Kölner Verlag Dumont gewechselt ist, greift in seinem neuen Buch zu seiner aus „Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“ bekannten und bewährten Dialogform zurück. Inklusive feiner Wortspiele. Diesmal allerdings als  Gespräch in einem Zug, ohne eMail-Kommunikation. Das spannende Ende gestaltet sich dann sehr überraschend als bissige Satire auf den aktuellen Literaturbetrieb, aber mehr wird  hier auf keinen Fall verraten.
 

Cover

Daniel Glattauer:
„In einem Zug“
DuMont. 
208 Seiten.
23,70 Euro 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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