Das Theater an der Wien wurde nach der Renovierung szenisch wiedereröffnet. Mit Politsatire, verstärkten Stimmen und wenig Walzerschmelz.
Von Susanne Zobl
Die beste Nachricht zuerst: Dass die Generalprobe von Johann Strauss‘ Operette „Das Spitzentuch der Königin“ wegen eines Bühnenunfalls eines der Hauptdarsteller abgebrochen werden musste, wie der KURIER berichtete, war bei der Premiere nicht zu merken. Michael Laurenz, im Vollbesitz seiner Kräfte, agierte als Graf Villalobos mit Elan in der mit großem Aufwand gefertigten Produktion. Mit der Uraufführung dieser Operette von Johann Strauss (Sohn) nahm das Theater an der Wien schon 1880 nach einer Renovierung seinen Betrieb wieder auf. Nach der Affäre Mayerling, dem Suizid des Kronprinzen Rudolf, konnte diese Parodie auf die Habsburger Monarchie in Wien nicht mehr gespielt werden. Jetzt eröffnet „Das Spitzentuch der Königin“ zum Jubiläum 200 Jahre Johann Strauss dieses Haus erneut. Anders als die Musik, etwa der Walzer „Rosen aus dem Süden“, ist die Handlung dem Großteil des Publikums wahrscheinlich heute so unbekannt wie den Besuchern der Uraufführung. Im Zentrum steht ein junger König, der vom Premierminister am Regieren gehindert wird. Um vor der Zensur jeglichen Verdacht auszuschließen, wurde die Handlung nach Portugal verlegt und die Partie des Königs als Hosenrolle konzipiert. Als Retter agiert der spanische Dichter Cervantes. Eine Politsatire, die auch heute funktioniert. Wie im KURIER-Interview angekündigt, macht Regisseur Christian Thausing ein „poetisches, komödiantisches Märchen“ mit tagespolitischen Anspielungen daraus. Den Hofstaat siedelt er auf einem famos ausgestattetem Karussell (Bühne und Kostüme: Timo Dentler und Okarina Peter) an. Wundersame Figuren in historischen Gewändern mit Tierköpfen tanzen zu den Walzern. Fuchs, Giraffe, Hase, Affe und all die anderen führen in ein zauberhaftes Märchenreich, an dem man sich nicht sattsehen will. Bezaubernd auch die restliche Ausstattung, etwa eine Kutsche, die von hölzernen Pferden gezogen wird, auf der sonst schwarzen Bühne. Das Szenario lässt an das Wiener Lied „Schön ist so ein Ringelspiel“ denken. Thausing führt sein Personal präzise und setzt die Anspielungen auf Mozart-Opern in der Handlung auch szenisch um. Don Sancho hält wie Leporello Wache, während sein König sich außerehelich vergnügt. Die Kammerzofe Donna Irene tritt wie Despina in „Così fan tutte“ als verkleideter Arzt auf. Der intrigante Premierminister ist eine Metternich-Gestalt. Michael Laurenz zeigt diesen wie die wienerische Ausgabe eines Jago. Seine Anmerkungen zur Tagespolitik, wie „Blendung durch Täuschung bringt Stimmengewinn“ oder Anspielungen auf die Ibiza-Affäre bringen ihm Szenen-Applaus ein. Vokal ragt er aus dem Ensemble heraus. Diana Haller zeigt den jungen König als Ludwig von Bayern mit Übergewicht. Mit ihrem ausdrucksstarken Mezzosopran intoniert sie Eingängiges wie das „Trüffel-Couplet“ mit Verve. Elissa Huber überzeugt mit ihrem vollem Sopran als Königin. István Horváth setzt als Don Sancho auf Ausdruck. Beate Ritter intoniert die Donna Irene sehr zurückhaltend. Maximilian Mayer agiert als Cervantes mit Drive, aber vokal ausbaufähig. Regina Schörg ergänzt achtbar als Marquise von Villareal.Hat sich das Warten wegen der Bühnentechnik in Bezug auf diese Märchenbühne ausgezahlt, würde man gerne hören, wie das Musikalische ohne technische Hilfsmittel klingen würde. Das Ensemble ist zum Teil verstärkt. Warum? Wirkliche Walzerseligkeit kommt da keine auf. Die scheint Dirigent …read more
Source:: Kurier.at – Kultur